Braune Zwerge sind seltsame Zwitter: Sie sind zu groß und schwer, um ein Planet zu sein, scheitern aber andererseits an der Voraussetzung für einen Stern: Ihre Masse reicht nicht aus, um in ihrem Inneren die Kernfusion in Gang zu setzen, den Prozess, der Sterne zum Leuchten bringt. Deshalb zehren sie während ihrer gesamten Lebenszeit von der Hitze ihrer Geburt und kühlen dabei allmählich immer weiter ab. Sinkt ihre Oberflächentemperatur unter rund 2026 Grad Celsius, dann kondensieren die Gase in der Atmosphäre der Braunen Zwerge zu Tröpfchen und Kristallen – es bilden sich Wolken. Doch wie Teleskop-Beobachtungen zeigen, verschwinden diese Wolken auch wieder, sobald sich der Zwerg auf weniger als 1026 Grad abkühlt.
Kosmischer Nachbar im Visier
Wie dies vonstatten geht, ist jedoch bisher ein Rätsel, wie Ian Crossfield vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg und seine Kollegen erklären. Denn die bisherigen Beobachtungen reichten nicht aus, um die Oberfläche der Braunen Zwerge genauer zu zeigen. Es ließ sich nur erkennen, dass sie nicht homogen ist. Zwei erst im März 2013 entdeckte Braune Zwerge aber haben den Astronomen neue Möglichkeiten eröffnet. Denn die beiden einander umkreisenden Zwerge Luhman 16A und B liegen nur 6,5 Lichtjahre von der Erde entfernt – und damit quasi in unserem kosmischen Vorgarten. Das aber bedeutet, dass sie die ersten Vertreter dieser gescheiterten Sterne sind, die nahe genug liegen, um in höherer Auflösung betrachtet werden.
Crossfield und seine Kollegen haben diese Chance nun genutzt: Sie richteten den CRIRES-Spektrographen (Cryogenic high-resolution InfraRed Echelle Spectrograph) des Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte (ESO) in Chile auf die beiden Braunen Zwerge. Dieses Instrument misst die Wellenlängen des Infrarotlichts, das die Himmelskörper ausstrahlen, während sie sich um sich selbst drehen. Im Infrarot erscheinen heißere Stellen an der Oberfläche heller und kühlere Bereiche dunkler. Wenn diese Flecken ins Blickfeld rotieren und wieder außer Sicht geraten, dann ändert sich die Gesamthelligkeit, aber auch die Verteilung der Wellenlängen im Spektrum des Braunen Zwergs.
Dunkle Wolken und ein heller Wirbelsturm
Das Resultat ist etwas ganz Neues: Die erste grobe Wetterkarte für einen Braunen Zwerg – eine unschärfere Version der Karten, die wir Satellitenbildern unseres Heimatplaneten kennen. Auf der Karte von Luhman 16B sind deutlich dunkle und helle Flecken zu sehen, die auf eine unregelmäßige Wolkendecke hindeuten, nicht unähnlich der des Gasplaneten Jupiter. Zu erkennen ist in Äquatornähe eine große dunkle Region, an einem der Pole dagegen ein hellerer Bereich. “Die dunklen Gebiete könnte dickere Wolken repräsentieren, die die tieferliegenden heißeren Bereiche der Atmosphäre verdecken”, mutmaßen die Forscher. Die Astronomen gehen davon aus, dass die Wolkendecke des Braunen Zwerges mehrschichtig und komplex strukturiert ist, ähnlich wie bei den großen Gasplaneten auch. Und sogar einen Wirbelsturm könnte es auf dem Braunen Zwerg geben: Denn der helle Fleck in Polnähe ähnelt den polaren Wirbeln, die von Jupiter und Saturn bekannt sind. Weitere Beobachtungen sollen dies nun klären.
Denn diese erste grobe Wetterkarte ist nur der Anfang: Mit der nächsten Generation von Teleskopen, insbesondere dem European Extremely Large Telescope mit seinem Spiegeldurchmesser von 39 Metern, können die Forscher Luhman 16B sehr viel genauer in Augenschein nehmen und Oberflächenkarten für noch entferntere Braune Zwerge erstellen. “In Zukunft sollten wir dabei zusehen können, wie auf Luhman 16B Wolken neu entstehen, sich entwickeln und wieder verschwinden”, sagt Crossfield. Vielleicht wird es sogar einen richtigen Wetterbericht von unserem kosmischen Nachbar geben. Für uns Menschen dürfte diese Vorhersage allerdings wenig erfreulich ausfallen: Denn auf dem Braunen Zwerg herrschen Temperaturen von mehr als 1.000 Grad Celsius, an seinem Himmel schweben Wolken aus gasförmigem Eisen und verschiedenen Mineralen in einer Atmosphäre aus Wasserstoff.