Exoplaneten mit Wasservorkommen gelten als beste Chance für außerirdisches Leben. Doch Wasser auf fernen Welten nachzuweisen, ist nicht leicht. Jetzt ist es Astronomen erstmals gelungen, die spektrale Signatur von Wasserdampf in der Gashülle eines nahen Exoplaneten zu detektieren. Der Planet GJ 9872d liegt nur rund 97 Lichtjahre entfernt und ist rund doppelt so groß wie die Erde. Er gilt wegen seiner geringen Dichte als mögliche Wasserwelt. Die aktuellen Daten sind auch der erste spektrale Nachweis von Wasser auf einem so kleinen Exoplaneten, wie das Team berichtet. Lebensfreundlich ist diese Wasserwelt allerdings nicht – der Planet ist etwa so heiß wie die Venus.
Die Suche nach Leben im Weltraum ist eng mit der Suche nach Wasser auf Exoplaneten verknüpft. Denn dieses Molekül gilt als wichtige Voraussetzung für biologisches Leben so wie wir es kennen. Zellen benötigen Wasser als Lösungsmittel und als Helfer für biochemische Reaktionen. Doch obwohl H2O eines der häufigsten Moleküle im Kosmos ist, lässt es sich auf Exoplaneten mit den aktuellen Mitteln der Astronomie nur schwer eindeutig nachweisen. Die meisten bisherigen Entdeckungen potenzieller Wasserwelten basierten nur auf Daten zur Dichte dieser Planeten, doch diese kann auch aus anderen Gründen verringert sein. Wesentlich eindeutiger ist es, wenn Astronomen die Präsenz von Wasserdampf in der Atmosphäre eines Exoplaneten nachweisen können – erst recht, wenn dieser zusätzlich eine für ausgedehnte Ozeane sprechende Dichte aufweist.
Deutliche Spektralsignatur von Wasser in der Gashülle
Genau dies könnte nun einem Team um Pierre-Alexis Roy von der Universität Montreal gelungen sein. Für ihre Studie nutzten die Astronomen das Weltraumteleskop Hubble, um das Lichtspektrum des 97 Lichtjahre entfernten Exoplaneten GJ 9872d zu untersuchen. Dieser Planet ist rund doppelt so groß wie die Erde und rund 3,4 Erdmassen schwer. Damit könnte er eine gasreiche Supererde oder ein kleiner Sub-Neptun sein. Weil GJ 9872d von uns ausgesehen vor seinem sonnenähnlichen Stern vorbeizieht, lassen sich die spektralen Signaturen seiner Gashülle im Sternenlicht nachweisen. Das Sternenlicht durchstrahlt seine Gashülle und die dort vorhandenen Atome und Moleküle hinterlassen Absorptionslinien im Lichtspektrum. „Unser Beobachtungsprogramm wurde mit dem Ziel entwickelt, nicht nur die Moleküle in der Atmosphäre des Planeten aufzuspüren, sondern auch gezielt nach Wasserdampf zu suchen“, erklärt Roy.
Die Spektralanalysen zeigten eine auffällige Absorptionslinie bei 1,4 Mikrometern – sie gilt als Anzeiger für die Präsenz von Wasser. Diese Signatur allein verrät allerdings noch nicht eindeutig, wie viel Wasserdampf GJ 9872d in seiner Gashülle hat. Theoretisch könnte es sich um eine kleine Menge Wasserdampf in einer aufgeblähten Wasserstoff-Helium-Atmosphäre handeln, aber auch um eine zu großen Teilen aus Wasserdampf bestehende Hülle. Angesichts des relativ hohen Alters des Exoplaneten von rund sechs Milliarden Jahren und seiner großen Nähe zu seinem Mutterstern halten die Astronomen aber letzteres für wahrscheinlicher. Denn durch die intensive Strahlung des Sterns müsste GJ 9872d längst den größten Teil seines ursprünglichen Wasserstoffs verloren haben. Dabei blieb wahrscheinlich eine von Wasserdampf geprägte Atmosphäre zurück, wie Roy und sein Team erklären.
Heißes Pendant zu den Eismonden?
In jedem Fall stellt der spektrale Nachweis von Wasser bei GJ 9872d einen wichtigen Fortschritt dar: „Das wäre das erste Mal, dass wir durch die Untersuchung von Atmosphären direkt zeigen können, dass diese wasserreichen Planeten in der Umgebung anderer Sterne tatsächlich existieren“, sagt Roys Kollege Björn Benneke. „Bis jetzt waren wir nicht in der Lage, die Atmosphäre eines so kleinen Planeten direkt nachzuweisen.” GJ 9872d ist der bisher kleinste Exoplanet, bei dem die Spektralsignatur von Wasser in der Gashülle nachgewiesen werden konnte. „Wasser auf einem so kleinen Planeten ist eine bahnbrechende Entdeckung“, ergänzt Co-Autorin Laura Kreidberg vom Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg. „Es bringt uns der Charakterisierung von wirklich erdähnlichen Welten näher als je zuvor.“
Die Astronomen vermuten, dass sich GJ 9872d ursprünglich weiter von seinem Stern entfernt bildete – jenseits der Schneegrenze, ab der wasser- und eisreiche Planeten entstehen können. „Der Planet GJ 9827d könnte halb Wasser, halb Gestein sein“, sagt Benneke. Damit würde GJ 9872d beispielsweise den Jupitermonden Europa und Ganymed in unserem Sonnensystem ähneln. Nach seiner Bildung wanderte der Exoplanet jedoch nach innen auf seine heutige, sternennahe Position. Dadurch heizte er sich bis auf Temperaturen von rund 400 Grad auf und ein großer Teil seines Eises und Wassers verdampfte. „GJ 9872d könnte damit eine größere, heißere und näher am Stern liegende Version der Eismonde in unserem Sonnensystem sein“, erklären die Astronomen. Wie viel Wasser es auf diesem Exoplaneten gibt, könnten Analysen mithilfe des James-Webb-Weltraumteleskops zeigen, die die Astronomen kürzlich durchgeführt haben. Mithilfe seiner hochauflösenden Infrarotspektrometer suchten sie detaillierter nach Spuren von Wasser und anderen Molekülen. „Wir können es kaum erwarten zu sehen, was diese Daten ergeben“, sagt Kreidberg. „Hoffentlich können wir jetzt die Frage nach Wasserwelten ein für alle Mal klären.“
Quelle: Pierre-Alexis Roy (Université de Montreal) et al., The Astrophysical Journal Letters, doi: 10.3847/2041-8213/acebf0