Durch den Anbau von Pflanzen für Biokraftstoffe könnten mehr klimaschädliche Gase freigesetzt werden als bislang angenommen. Zu diesem Schluss sind Forscher des Marine Biological Laboratory in Massachusetts gekommen. Anhand von Modellrechnungen simulierten sie, wie viele Treibhausgase beim Anbau der Pflanzen bis Ende des 21. Jahrhunderts in die Atmosphäre entlassen würden. Dabei bezog das Team um Jerry Melillo zwei bislang unberücksichtigte Faktoren in die Berechnungen mit ein: Lachgas, das durch Düngung freigesetzt wird, und die indirekte Landnutzung. Letztere liegt immer dann vor, wenn ein Acker oder eine Weide für die Produktion von Pflanzen für Biodiesel und ähnliche Kraftstoffe freigemacht wird, wodurch die bislang angebauten Feldfürchte oder Weidetiere auf eine neue Fläche verlegt werden müssen.
Für ihre Berechnungen entwickelten die Wissenschaftler zwei Szenarien, die beide auf einem gestiegen Bedarf an Rohstoffen für die Biokraftstoffgewinnung basierten: Beim ersten Modell wurden naturbelassene Gebiete in Ackerflächen umgewandelt. Beim zweiten Szenario wurde weniger neues Land erschlossen, als vielmehr der Anbau auf bereits vorhandenen Flächen durch Düngung intensiviert.
Das Fazit der Forscher: Beide Modelle würden erhebliche Mengen klimaschädlicher Gase freisetzen. Beim ersten Szenario müsste neues Land gewonnen werden. Dafür würden beispielsweise Bäume abgeholzt und damit bestehende CO2-Speicher verloren gehen. Dies wäre im zweiten Modell zwar nicht der Fall, durch den zusätzlichen Dünger entweicht jedoch durch im Boden ablaufende chemische Reaktionen klimaschädliches Distickstoffmonoxid, sogenanntes Lachgas.
Die Wissenschaftler fordern daher zum einen, Dünger künftig so auf den Bedarf der Pflanzen abzustimmen, dass keine Überschüsse bleiben, die in Lachgas umgewandelt werden können. Darüber hinaus raten sie, den Faktor indirekte Landnutzung in neue Klimamodelle mit einzubeziehen: ?Die hohen Treibhausgasemissionen durch die indirekte Landnutzung sind unbeabsichtigte Folgen der Klimapolitik und verstärken den Klimawandel eher, als ihn zu beheben?, warnt Melillo.
Jerry Melillo (Marine Biological Laboratory, Massachusetts) et al.: Science, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1126/science.1180251 ddp/wissenschaft.de ? Jessica von Ahn