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TESS findet ersten habitablen Erdzwilling

Astronomie|Physik

TESS findet ersten habitablen Erdzwilling
TOI-700 d
So könnte der lebensfreundliche, erdgroße Exoplanet TOI-700 d aussehen. (Bild: NASA/ Goddard Space Flight Center)

Er ist der neue Planetenjäger der NASA: Der Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) fahndet gezielt nach lebensfreundlichen Exoplaneten um nahe Sterne – und jetzt hat er einen Volltreffer gelandet. Denn das Weltraumteleskop hat in nur 100 Lichtjahren Entfernung einen Erdzwilling in der habitablen Zone eines Sterns entdeckt. Der TOI-700 d getaufte Planet ist rund 20 Prozent größer als die Erde und besitzt wahrscheinlich ein mildes, lebensfreundliches Klima, wie die Astronomen berichten. Der Heimatstern dieses Erdzwillings ist zudem eher ruhig und zeigt keine explosiven Ausbrüche – auch das ist günstig für die Entwicklung von Leben.

Seit April 2018 kreist der Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) im Erdorbit. Seine Mission: Das Weltraumteleskop richtet seinen Blick auf rund 200.000 sonnenähnliche Sterne im Umkreis von rund 300 Lichtjahren um unsere Sonne und sucht nach Hinweisen auf Exoplaneten. Dafür überwacht TESS jeweils 27 Tage lang die Helligkeit der Sterne in einem Sektor seines Beobachtungsgebiets und kann so die leichten Abschattungen detektieren, die beim Vorüberziehen eines Planeten vor seinem Stern entstehen. “TESS wurde speziell dafür entwickelt und gestartet, um erdgroße Planeten im Orbit um nahe Sterne zu finden”, erklärt Paul Hertz von der NASA. “Denn solche nahen Exoplaneten lassen sich dann am besten mit größeren Teleskopen im All und auf der Erde weiter untersuchen.” In den letzten Monaten hat TESS bereits einige vielversprechende Funde gemacht, darunter eine nur 31 Lichtjahre entfernte, potenziell lebensfreundliche Supererde.

Äußerster Planet ist erdgroß und in der habitablen Zone

Was bislang aber noch fehlte, war der Nachweis eines echten Erdzwillings – eines erdgroßen Planeten in der habitablen Zone seines Sterns. Genau dies ist Astronomen mithilfe von TESS nun gelungen. Fündig wurde sie beim rund 100 Lichtjahre von uns entfernten Roten Zwergstern TOI-700. Dieser Stern hat etwa 40 Prozent der Sonnenmasse und ist nur halb so heiß wie die Sonne. Das Weltraumteleskop TESS hatte diesen Stern schon in den ersten Monaten seiner Beobachtungszeit immer wieder ins Visier genommen und dabei Transits von drei Planeten detektiert. Unklarheit herrschte jedoch über die Planetengrößen und die Bedingungen, die auf diesen Planeten herrschen. Weil der Stern ursprünglich für sonnenähnlich gehalten worden war, galten alle drei Planeten als zu heiß, um lebensfreundlich zu sein.

Doch neue Beobachtungen des TESS-Teleskops haben dies nun widerlegt und den Stern TOI-700 als Roten Zwerg identifiziert. “Als wir die Sternenparameter korrigierten, verringerte dies auch die Größen der Planeten”, berichtet Emily Gilbert vom NASA Goddard Space Flight Center und der University of Chicago. Demnach ist der innerste Planet, TOI-700 b etwa erdgroß, der mittlere dagegen ein wahrscheinlich gasförmiger Sub-Neptun. Spanend aber ist der dritte, äußerste dieses Systems: “Wir erkannten, dass der äußerste Planet ungefähr die Größe der Erde hat und in der habitablen Zone des Sterns kreist”, so Gilbert. Den neuen Daten zufolge ist dieser Planet, TOI-700 d, rund 20 Prozent größer als die Erde und benötigt rund 37 Tage für einen Umlauf um seinen Stern. Dabei erhält er etwa 86 Prozent der Strahlungsenergie von seinem Stern, den die Erde von der Sonne bekommt, wie die Forscher berichten. Der wahrscheinlich erdähnliche Planet könnte damit ein mildes, potenziell lebensfreundliches Klima besitzen.

Welche Bedingungen herrschen auf TOI-700 d?

Nähere Beobachtungen des Planetensystems, unter anderem mit dem Spitzer-Weltraumteleskop der NASA, bestätigten die Existenz des Planeten TOI-700 d und auch seinen Orbit. “Angesichts der Bedeutung dieser Entdeckung – es ist der erste von TESS entdeckte erdgroße lebensfreundliche Planet – wollten wir so viel wie möglich über dieses System wissen”, erläutert Joseph Rodriguez vom Harvard Smithsonian Center for Astrophysics. Der Exoplanet TOI-700 d ist erst der zehnte bisher bekannte erdgroße Planet in der habitablen Zone seines Sterns, wie die Astronomen erklären. Weitere Vertreter sind unter anderem die sieben Erdzwillinge um den 40 Lichtjahre entfernten Roten Zwerg TRAPPIST-1. Im Gegensatz zu diesen hat der neuentdeckte Planet jedoch einen großen Vorteil: Im Gegensatz zu den meisten anderen Roten Zwergen scheint TOI-700 keine explosiven Ausbrüche zu zeigen, sodass seine Planeten nicht ständig Schüben harter Strahlung standhalten müssen. “In den elf Monaten der Beobachtung haben wir keine Strahlenausbrüche vom Stern gesehen”, berichtet Gilbert. “Das erhöht die Chance, dass TOI-700 d lebensfreundlich ist und macht es zudem einfacher, die Bedingungen der Atmosphäre und der Oberfläche zu modellieren.”

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Allerdings gibt es einen wichtigen Unterschied zur Erde: Aus ihren Daten schließen die Astronomen, dass die drei Planeten um TOI-700 wahrscheinlich in gebundener Rotation um ihren Stern kreisen. Sie wenden ihm stets die gleiche Seite zu, so dass auf einer Halbkugel ständig Tag herrscht, auf der anderen dagegen ständig Nacht. Wie sich dies auf das Klima des Erdzwillings TOI-700 d auswirken könnte, haben die Astronomen in einer weiteren Studie nachvollzogen. Dafür simulierten sie die Entwicklung dieses Planeten einmal als Ozeanplanet und einmal als von Landflächen dominiertem Wüstenplaneten. Diesen Daten zufolge könnte der Planet als Ozeanwelt eine dichte, Kohlendioxidreiche Atmosphäre und dichte Wolken auf der dem Stern zugewandten Seite besitzen – etwa vergleichbar mit dem Mars während seiner frühen, noch lebensfreundlichen Periode. In jedem Falle wäre es warm genug, um langfristig flüssiges Wasser und damit für das Leben günstige Bedingungen zu erhalten, wie die Forscher berichten. Wäre der Planet eher wasserarm, lägen seine Temperaturen vermutlich näher am Gefrierpunkt.

Welche Bedingungen tatsächlich auf diesem Erdzwilling herrschen, hoffen die Astronomen mithilfe künftiger Beobachtungen durch hochauflösendere Teleskope wie das 2021 startende James-Webb-Weltraumteleskop der NASA zu erfahren. “Wenn wir dann echte Spektraldaten von TOI-700 d haben, dann können wir diese mit unseren Modellsimulationen vergleichen und herausfinden, welches Szenario passt“, sagt Gabrielle Englemann-Suissa vom NASA Goddard Space Flieght Center. DIe Forscher haben ihre Ergebnisse auf dem Jahrestreffen der American Astronomical Society in Honolulu vorgestellt und bereits drei Fachveröffentlichungen dazu bei Fachjournalen eingereicht.

Quelle: NASA; 235th meeting of the American Astronomical Society

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