Doch vor vier Milliarden Jahren waren sich Erde und Venus wahrscheinlich noch recht ähnlich. “Die Mechanismen, die die Erde am Anfang mit Wasser versorgten, waren höchstwahrscheinlich auch bei der Venus am Werk”, so Grinsponn gegenüber dem Astrobiology Magazine. Doch der Nachbarplanet verlor das Element des Lebens im Laufe der Zeit, weil er näher an der Sonne lag und deswegen wärmer war als die Erde: Die Atmosphäre war wahrscheinlich voller Wasserdampf, so dass kontinuierlich ein Teil des Wassers in den Weltraum entwich.
Der Zeitpunkt, an dem dies passierte, ist unklar. Berechnungen von James Kasting zufolge waren die Ozeane etwa 600 Millionen Jahre nach der Entstehung des Sonnensystems, also vor vier Milliarden Jahren, verdampft. Grinspoon simulierte nun die Verhältnisse auf der jungen Venus erneut und bezog im Gegensatz zu Kasting die Wolken mit ein. Das Ergebnis: Die Wolken könnten den Planeten so sehr gekühlt haben, dass der Verlust der Ozeane zwei Milliarden Jahre lang verzögert wurde.
Die Frage, ob es auf der Venus Wasser gab oder nicht, hat nicht nur eine Bedeutung für das mögliche Vorhandensein von Leben, sondern auch für die Tektonik eines Planeten. Die Plattentektonik auf der Erde ist nur möglich, weil es Ozeane gibt. “Wasser ist sozusagen das Schmiermittel für die Plattentektonik”, erläutert Grinspoon. Auf der Venus gibt es heute keine Plattentektonik, doch womöglich gab es früher eine. Die Oberfläche des Planeten wurde vor etwa 600 Millionen Jahren bei gewaltigen Vulkanausbrüchen komplett erneuert, von älterer Kruste sind wahrscheinlich nur noch kleine Flecken übrig geblieben, die so genannten Hochländer.
Grinspoon wünscht sich nun eine Mission zur Venusoberfläche, um in den Hochländern nach Lebensspuren zu suchen. Über die Herausforderungen einer solchen Mission ist er sich durchaus im Klaren: “Eine Stunde auf der Venusoberfläche Messungen zu machen ist teurer als eine einmonatige Mission zum Mars.”