Die Paarungsgewohnheiten der Insekten sind heute ebenso vielseitig wie wohlbekannt. Libellen beispielsweise bilden ein spektakuläres Paarungsrad, bei dem das Männchen den Vorderkörper des Weibchens mit speziellen Hinterleibszangen festhält. Das Weibchen biegt ihrerseits ihren Hinterkörper nach vorne, so dass beide eine Art Rad bilden, dass sogar im Flug noch beibehalten werden kann. Andere Insekten kopulieren Bauch an Bauch oder Seite an Seite, wie beispielsweise viele Zikadenarten.
Biologen vermuten, dass sich diese Vielfalt der Paarungsstellungen erst im Laufe der Evolution der Insekten entwickelt hat. Ursprünglich, so die gängige Hypothese, paarten sich die Urinsekten Bauch an Rücken – das Weibchen oben und das Männchen unten. Wann allerdings die ersten Varianten bei der Kopulation der Insekten auftauchten, ist unklar. Denn Fossilien von kopulierenden Gliederfüßern sind extrem selten. Gerade einmal 33 davon sind bisher bekannt, 27 davon wurden beim Geschlechtsakt in urzeitlichem Baumharz konserviert. Das älteste bisher bekannte in flagranti erhaltene Paar stammt aus der frühen Kreidezeit.
Bauch an Bauch
Jetzt aber hat ein Fossilfund im Nordosten Chinas neue Einblicke in das Sexleben der Urinsekten geliefert. Denn in der sogenannten Jiulongshan-Formation stießen Paläontologen um Shu Li von der Capital University in Peking auf ein noch älteres Fossil kopulierender Insekten. In dem rund 165 Millionen Jahre alten Gestein deutlich zu erkennen sind die Überreste eines Schaumzikaden-Paares. Beide Tiere wenden einander den Bauch zu und das Kopulationsorgan des Männchens steckt noch im Genitaltrakt des Weibchens. Sie müssen noch während des Paarungsaktes gestorben und dann sehr schnell im konservierenden Schlamm versunken sein. “Diese Entdeckung des früheste Belegs kopulierender Insekten wirft neues Licht in die Evolution der Paarungsverhaltens dieser Tiergruppe”, konstatieren die Forscher.
Wie die Paläontologen berichten, sind die Genitalorgane beider Partner gut erkennbar und symmetrisch – ähnlich denen der heutigen Schaumzikaden. Diese paaren sich heute meist, indem sich beide Partner eng Seite an Seite hocken und das Männchen sein Kopulationsorgan in den Samenbehälter des Weibchens einführt. Die jetzt entdeckten Urzeit-Zikaden kopulierten dagegen eher Bauch an Bauch, könnten aber auch leicht seitlich versetzt gesessen haben. Das Grundprinzip der Zikadenpaarung habe sich demnach in den letzten 165 Millionen Jahren kaum verändert, so die Forscher. Der neue Fund belege aber in jedem Fall, dass schon im Mittleren Jura Varianten der Urstellung “Weibchen oben, Männchen unten” unter den Insekten existierten.