Im Reich der Quanten herrscht eine burleske Gemengelage von unscharfen, beliebig weit ausgebreiteten Überlagerungszuständen. Eine Katze müsste quasi überall zugleich sein und simultan quicklebendig wie auch mausetot – bis eine Beobachtung offenbart, wo und was sie denn nun genau ist. Albert Einstein fand diese Situation äußerst befremdlich. Er fragte: Existiert der Mond nur, wenn ihn jemand betrachtet?
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Eine moderne Variante des Doppelspalt-Experiments: Ein roter Laserstrahl (635 Nanometer Wellenlänge) passiert zwei 75 Mikrometer voneinander entfernte und jeweils 25 Mikrometer breite Schlitze; daraufhin entsteht auf dem Bildschirm 15 Zentimeter dahinter ein Interferenzmuster (oben vergrößert abgebildet). Diese Superposition ist ein klassischer Beleg für die Wellennatur des Lichts.
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Die Begründer der Wellenmechanik: Louis de Broglie (1892 bis 1987), Erwin Schrödinger (1887 bis 1961) und Max Born (1882 bis 1970).
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Pioniere der Quantenmechanik, deren Kopenhagener Interpretation sie schufen: Niels Bohr (1885 bis 1962), Werner Heisenberg (1901 bis 1976) und Wolfgang Pauli (1900 bis 1958).
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Materiewellen im Experiment: Nicht nur Licht verhält sich je nach Experiment entweder wie ein Strom aus Teilchen oder aber wie eine Welle, sondern auch Materie. Daher trügt die Alltagserfahrung, dass Materie stets streng lokalisiert ist. Die Existenz von Materiewellen hat Louis de Broglie 1923 während der Arbeit an seiner Promotion erkannt. Bestätigt wurde diese Voraussage 1927 erstmals mit Experimenten, die die Beugung von Elektronen an Kristallen nachwiesen. (Das erklärte Hans Bethe 1928 im Rahmen seiner Promotion bei Arnold Sommerfeld in München genauer, als er die Schrödinger-Gleichung für solche Vorgänge löste.) Die bahnbrechenden Messungen gelangen unabhängig voneinander zum einen George Paget Thomson und Alexander Reid an der schottischen University of Aberdeen mithilfe der Streuung von Elektronen an dünnen Aluminium-, Gold- und Platin-Folien (1) sowie zum anderen Clinton Davisson und Lester Germer an den Bell Telephone Laboratories in New York City mit der Elektronenstreuung an einem Nickel-Kristall. Thomson und Davisson wurden dafür 1937 mit dem Physik-Nobelpreis ausgezeichnet. Thomsons Vater Joseph John Thomson hatte übrigens das Elektron entdeckt und als Elementarteilchen erkannt, wofür er 1906 den Nobelpreis erhielt. Inzwischen können Interferenzen von Elektronen in einer Elektronenbeugungsröhre sogar im Schulunterricht gezeigt werden (2). Der Nachweis der Interferenz von Materieteilchen im Doppel- und Mehrfachspalt-Versuch war schwieriger. Er glückte Claus Jönsson an der Universität Tübingen erstmals 1959 mit Elektronen. Das von ihm gemessene Muster (3) ist etwa ein Mikrometer breit. Seine Forschung wurde von der Zeitschrift Physics World des Berufsverbands britischer Physiker nach einer Umfrage zum schönsten Experiment aller Zeiten erklärt. Später konnte die Entstehung des Interferenzmusters sogar gemessen werden, indem man Elektronen einzeln nacheinander durch einen Doppelspalt schickte – sie wechselwirkten gewissermaßen mit sich selbst. Erstmals gelang dies 1974 Pier Giorgio Merli und zwei Kollegen von der italienischen Universität Bologna. Akira Tonomura und sein Team von der Firma Hitachi im japanischen Saitama demonstrierten den Effekt 1989 besonders eindrücklich (4): Die vier Teilbilder zeigen die Detektion von 200, 6.000, 40.000 und 140.000 Elektronen.
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Omnipräsent und ominös: Obwohl die Wellenfunktion ψ eine zentrale Rolle in der Quantentheorie spielt, ist es unklar, was sie genau repräsentiert, welche Art von Realität sie besitzt und wie oder ob sie „kollabieren“ kann.
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Kurios und kontraintuitiv: Die Quantenphysik eröffnete Einsichten in eine nebulöse, labyrinthische Märchenwelt, in der wolkig-diffuse Wellenfunktionen zu alltäglichen Objekten auszukondensieren scheinen.
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