Heftige Regenfälle können Erdbeben auslösen. Das schließen Geologen aus Deutschland aus Beobachtungen in den Alpen. Nach Tagen starken Regens konnten Sebastian Hainzl von der Universität Potsdam und seine Kollegen hier deutlich mehr seismische Bewegungen feststellen als in trockeneren Wetterperioden. Ihrer Ansicht nach ist der steigende Wasserdruck in den Poren des Gesteins durch das einsickernde Wasser für die Erschütterungen nach Regenfällen verantwortlich. Über diese Zusammenhänge berichtet der Online-Dienst der Fachzeitschrift “Nature”.
Die Forscher beobachteten die seismischen Aktivitäten unter dem Hochstaufen, einem 1.775 Meter hohen Berg in den Alpen. Hier finden üblicherweise über tausend kleine Erdbeben im Jahr statt, die sich in den Sommermonaten konzentrieren, wenn sich auch die Regenfälle häufen. So kann sich die Anzahl der seismischen Aktivitäten von einer oder zwei pro Tag auf vierzig erhöhen, sagen die Forscher. Um die Beziehung zwischen Regenwasser und Beben zu bestätigen, berechneten sie, wie sich der Wasserdruck in den Gesteinsporen nach Regenfällen verändert und kalkulierten auf Basis dessen die Erdbebenhäufigkeit. Ihre Prognosen über Anzahl und Schwere der tagtäglichen Beben stimmten mit den tatsächlich beobachteten gut überein, zeigte ein anschließender Vergleich.
In Gegenden, wo die Erdkruste schon kurz vor einem Bruch steht, könnte Regen auch stärkere und gefährlichere Erdbeben auslösen, meinen die Forscher. Geologen vermuten schon länger einen Zusammenhang zwischen ansteigendem Wasserdruck in den Gesteinsporen und Erdbeben. Jedoch gingen sie bislang davon aus, dass die auslösenden Wassermassen weitaus größer sein müssen als die von Regenfällen.
Andere Theorien gehen davon aus, dass das Gewicht des Wassers und nicht der Wasserdruck im Gestein eine Schlüsselrolle bei Erdstößen spielt. Beispiele hierfür sind schmelzende Gletscher sowie riesige Wasserreservoirs wie das am Koyna-Damm in Indien. 1967 sind hier 200 Menschen bei einem Erdbeben der Stärke sieben auf der Richterskala umgekommen. Aber auch in diesem Fall können Wissenschaftler das Einsickern des Wassers in das Gestein als Ursache des Bebens nicht ausschließen, so “Nature”.
Nature, Online-Dienst, DOI: 10.1038/news061016-15 Originalarbeit der Forscher: Sebastian Hainzl et al.: Geophysical Research Letters, Bd. 33, Artikel L19303 ddp/wissenschaft.de ? Sabine Keuter