Ein jahrhundertealtes Rätsel der Astronomie ist gelöst: US-Forscher haben den Verursacher der Sternfinsternis im Doppelsternsystem Epsilon Aurigae ausfindig gemacht. Hochauflösende Fotos zeigen erstmals die Identität des Objekts, das den sichtbaren Stern zeitweise verdunkelt: eine riesige flache Staubscheibe. Ein neu entwickeltes Instrument, der sogenannten Michigan Infrared Combiner, erlaubte den Forschern, die von vier verschiedenen Teleskopen erfassten Bilder zusammenzusetzen und zu verstärken.
Verfinsterungen der Sonne oder anderer Sterne sind spektakuläre Phänomene und haben in der Vergangenheit bereits oft zu wichtigen astronomischen Erkenntnissen geführt. Obwohl bei sehr vielen Sternen eine Verfinsterung stattfindet, können die meisten davon von der Erde aus nicht beobachtet werden. Anders beim sogenannten Doppelstern Epsilon Aurigae: Wie Aufzeichnungen aus dem Jahr 1820 belegen, konnten Astronomen bereits vor fast 200 Jahren eine Verfinsterung des hellen Hauptsterns beobachten. Sie nahmen an, dass dafür ein Begleiter verantwortlich sei, dieser konnte aber nicht ausgemacht werden. Die 18 Monate dauernde Finsternis findet nur alle 27,1 Jahre statt und reduziert die Helligkeit des Sterns um 50 Prozent. Allerdings bestand das Rätsel um die Verfinsterung für weitere 190 Jahre, denn das dunkle Objekt, das sich vor den Stern schob, konnte trotz seiner Größe, auf welche die lange Dauer der Finsternis hinwies, nicht genauer beschrieben werden.
Bis es im Jahr 2009 wieder soweit war: Der Stern verdunkelte sich nach rund 27 Jahren erneut. Doch diesmal waren die Forscher gerüstet: Sie entwickelten ein neues Instrument, das sich der sogenannten Interferometrie bedient, um Bilder des Sternenhimmels von verschiedenen Teleskopen zu überlagern. Durch dieses Zusammenschalten der Teleskope erhielten sie ein hochaufgelöstes Bild des Hauptsterns und des ihn verdunkelnden Objekts. Dabei erwiesen sich frühere Vermutungen als richtig: Das Objekt ist tatsächlich der kleinere Begleiter des Hauptsterns ? verantwortlich für die Verdunkelung ist allerdings die riesige dunkle Staubscheibe, die ihn einhüllt. Diese schluckt das Licht so gut, dass der kleine Stern nur schwer zu beobachten ist. Während der Umrundung seines großen Bruders verdeckt er diesen teilweise mit seinem riesigen Mantel aus Staub.
“Bis jetzt ist kein anderes Sternensystem bekannt, das auf diese Weise funktioniert”, betont Co-Autor John Monnier. Zudem konnten zum ersten Mal während einer Sternfinsternis hochaufgelöste Bilder der beteiligten Sterne gemacht werden. Damit können die Astronomen unter anderem die Dimensionen der drei an der Verfinsterung beteiligten Objekte berechnen. So beträgt der Durchmesser der Staubscheibe rund 570 Millionen Kilometer ? das entspricht etwa viermal der Distanz Erde-Sonne.
Brian Kloppenborg (University of Denver) et al.: Nature, Bd. 464, Nr. 7290, S. 870, doi:10.1038/nature08968 ddp/wissenschaft.de ? Thomas Neuenschwander