Die Geschichte von Bienen und Blumen ? genauer gesagt Orchideen ? begann vor etwa 80 Millionen Jahren. Diese Erkenntnis verdanken amerikanische Forscher einem seltenen Fossil, einer in Bernstein eingeschlossenen Biene aus dem Erdzeitalter Miozän, an deren Rücken ein Orchideen-Pollenpaket haftete.
Die Geschichte der Orchideen lag bislang im Dunkeln, weil praktisch keine Fossilien der schönen Tropenblumen bekannt waren. Die Ergebnisse molekulargenetischer Studien klaffen deswegen weit auseinander, sie ergaben Werte zwischen 26 und 110 Millionen Jahren. Einige Forscher argumentierten, die Orchideen seien erst vor etwa 30 Millionen Jahren entstanden, weil viele von ihnen auf bestimmte Bestäuber ? meist Insekten wie Bienen oder Schmetterlinge ? spezialisiert sind. Andere Wissenschaftler waren der Meinung, die Orchideen müssten zu den ältesten Blütenpflanzen gehören, weil sie so weit verbreitet sind. Heute gibt es 20.000 bis 30.000 Orchideenarten auf allen Kontinenten. Die allerersten Blütenpflanzen erschienen in der frühen Kreidezeit, vor etwa 125 Millionen Jahren auf der Erde, noch während des Zeitalters der Dinosaurier.
Santiago Ramírez und seine Kollegen entdeckten nun in einem Stück Bernstein, das ein Sammler vor sieben Jahren in der Dominikanischen Republik entdeckt hatte, eine Biene mitsamt einem verdächtigen Pollenpaket. Der Bernstein ist 15 bis 20 Millionen Jahre alt. Der Pollen, so ergab die Analyse der Forscher, gehörte zu einer Orchidee aus der Unterfamilie Goodyerinae. Die Forscher gaben der neuen Art den Namen Meliorchis caribea. Wie sie schreiben, musste die Biene wahrscheinlich vollständig in die röhrenförmige Blüte hineinschlüpfen, um die Orchidee zu bestäuben. Bei modernen Verwandten von Meliorchis brauchen die Bestäuber lediglich auf der Lippe zu landen, das Pollenpaket bleibt meist an den Mundwerkzeugen der Biene kleben und nicht auf dem Rücken.
Das Fossil gab den Forschern die Möglichkeit, die molekulargenetischen Uhren besser einzustellen. Sie kamen zu dem Ergebnis, dass die Orchideen sich vor etwa 80 Millionen Jahren von ihren nächsten Verwandten, den Spargelgewächsen, trennten. Allerdings entwickelten sie wohl erst nach dem Aussterben der Dinosaurier vor 65 Millionen Jahren eine große Vielfalt. Die Vanillepflanzen zählen demnach zu den ältesten Orchideen.
Santiago Ramírez (Harvard Universität) et al.: Nature, Bd. 448, S. 1042 Ute Kehse