Der Boomerang-Nebel erlaubt den Blick in eine Zukunft, die auch unserer Sonne bevorstehen dürfte. Nachdem der Stern in seinem Zentrum die Wasserstoffvorräte im Kern verbraucht hatte, blähte er sich zu einem roten Riesen auf. Seitdem schleudert er mit hoher Geschwindigkeit seine Gashülle fort. Bald wird nur noch der kleine, extrem heiße Kern als weißer Zwerg übrigbleiben und das umgebende Gas mit ultravioletter Strahlung zum Leuchten bringen. Noch ist es jedoch nicht so weit. Stattdessen reflektieren Staubkörner das Licht des sterbenden Gestirns – und machen so den Nebel sichtbar.
Immer wieder zieht das kosmische Schauspiel Astronomen in seinen Bann. Bereits 1997 fanden Raghvendra Sahai vom Jet Propulsion Laboratory der NASA und seine Kollegen heraus, dass es sich beim Boomerang-Nebel um den kältesten bekannten Ort im Universum handelt. Mit nur einem Grad über dem absoluten Nullpunkt ist der Nebel sogar kälter als die kosmische Hintergrundstahlung, die eine relativ einheitliche Temperatur von 2,8 Grad Kelvin besitzt. Verantwortlich für die eisigen Temperaturen ist das Gas im Nebel, das sich mit hoher Geschwindigkeit ausdehnt und dabei abkühlt.
Doch der Boomerang-Nebel fasziniert die Forscher nicht nur wegen seiner unterkühlten Natur. Auch die genaue Form der 5.000 Lichtjahre entfernten Struktur gab Rätsel auf. Betrachtete man ihre Strahlung im Millimeterbereich mit Teleskopen von der Erde aus, erschien sie länglich und etwas geknickt – wie ein Boomerang eben. Aber: „Als sich Astronomen dieses Objekt 2003 mit Hubble anschauten, sahen sie eine sehr klassische Sanduhr-Form”, sagt Sahai, der auch Erstautor einer Studie zum Boomerang-Nebel in der aktuellen Ausgabe des „Astrophysical Journal” ist. „Viele planetaren Nebel haben diese Struktur. Sie ist eine Folge von Gasströmen, die der Stern mit hoher Geschwindigkeit fortschleudert. Diese Ströme formen Löcher in der umgebenden Wolke aus Gas, die der Stern in einer früheren Lebensphase als Roter Riese ausgestoßen hat.”
Eine optische Täuschung
Die Forscher lösten das Rätsel um die Form des Nebels nun mit Hilfe von ALMA, einem gigantischen Teleskop-Array in der Atacama-Wüste, der den Kosmos in hoher Auflösung zeigt. Sahai und seine Kollegen schauten sich die Verteilung von Kohlenmonoxid-Molekülen an und stellten fest, dass die von Hubble gezeigte Sanduhr-Form lediglich im Inneren des Nebels existiert. Umgeben ist sie von einer gleichförmigeren Sphäre extrem kalten Gases – das sich jedoch an den äußersten Rändern wieder leicht aufzuwärmen beginnt.
Der sterbende Stern im Zentrum ist von einem dichten Ring millimetergroßer Staubkörner umgeben, die einen großen Teil des sichtbaren Lichtes schlucken. Es kann lediglich in zwei entgegengesetzten Richtungen entkommen. Betrachtet man das Objekt daher im Bereich des sichtbaren Lichtes, so wie Hubble es tat, scheint es die Form einer Sanduhr zu haben.
Die neuen Erkenntnisse seien wertvoll für unser Verständnis über das Ende eines Sterns und die Geburt eines planetaren Nebels, sagt Sahai. „Mit Hilfe von ALMA können wir sowohl buchstäblich als auch im übertragenen Sinne ein neues Licht auf den Todeskampf eines sonnenähnlichen Sterns werfen.”