Atomarer Sauerstoff, zu einem Strahl gebündelt, kann Kunstwerke retten: Einem NASA-Team gelang es damit, erste Teile eines dick verrußten Monet-Gemäldes zu säubern. Der hochreaktive Sauerstoff brachte Ruß und schwarze Partikel des verkohlten Bindemittels über den Farbschichten zum Verdampfen. Die Farbe selber blieb jedoch unbeschädigt. Die Forscher simulieren mit der Sauerstoff-Attacke die Verhältnisse in der unteren Erdatmosphäre.
Die meisten Farbpigmente sind Metalloxide in ihrem höchsten Oxidationszustand, also können sie nicht weiter oxidiert werden, so Sharon Miller vom
Glenn Research Center der NASA. Gemeinsam mit ihrem Kollegen Bruce Barks hatte sie ursprünglich untersucht, wie sich Raumschiffe in der aggressiven Umgebung der unteren Erdatmosphäre schützen lassen. Die Sonneneinstrahlung spaltet dort Sauerstoffmoleküle in hochreaktive Sauerstoff-Atome auf, die die Oberfläche von Raumschiffen bombardieren und beschädigen können.
Im Labor mischen die Forscher den Sauerstoff mit Helium, damit die Atome weniger schnell wieder zu Molekülen zusammenfinden. Miller und Barks entwickelten eine kleine “Pistole”, die einen kurzlebigen, rund 3 Millimeter breiten Strahl aus atomarem Sauerstoff und Helium abfeuert. Perfekt zum Oxidieren von Schmutzschichten auf Gemälden, erklärt Miller: “Es ist wie Airbrush.”
Zunächst hatten die Forscher ein Andy Warhol-Bild von den Resten eines Lippenstift-Angriffs gesäubert. An ersten Test-Stückchen konnten sie nun zeigen, dass sich ihre Technik auch für von Feuer beschädigte Kunstwerke eignet. Das Monet-Gemälde, ein Teil der berühmten Wasserlilien-Serie, hatte 1958 bei einem Brand des New Yorker Museum of Modern Art schweren Schaden davongetragen. Von Ruß und Rauch ist es ist beinah komplett geschwärzt und diente seitdem als Lehrbeispiel für angehende Restauratoren an der New York University.
Dörte Saße