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Nachbarsterne können Planeten-Baumaterial wegblasen

Astronomie

Nachbarsterne können Planeten-Baumaterial wegblasen
Aufnahme des Orionnebels und Zoom auf die protoplanetare Scheibe d203-506, aufgenommen mit dem James Webb Space Telescope. © Background image: NASA/ESA/CSA/S. Fuenmayor/PDRs4All Zoom in : I. Schroetter/O. Berné/PDRs4AllNASA

Erosionsprozesse gibt es auch im Kosmos, verdeutlicht eine Studie: Astronomen haben durch Daten des Webb-Teleskops dokumentiert, wie der Strahlungswind naher Sternenriesen die protoplanetare Scheibe eines jungen Sterns im Orionnebel abträgt. Den Berechnungen zufolge könnte bei der festgestellten Erosionsrate in nur etwa einer Million Jahren alles gasförmige Material davongeweht sein. Dies schränkt somit die Wahrscheinlichkeit der Bildung von Gasplaneten in dem System stark ein, sagen die Forschenden.

Was passiert in der frühen Entwicklungsgeschichte von Sternen und ihren Planetensystemen? Bei dieser Frage blicken Astronomen auf die stellaren Kinderstuben des Kosmos: Es gibt bestimmte Regionen, die von dichten Materieansammlungen geprägt sind, in denen sich besonders viele neue Sterne samt Planetensystemen bilden. In diesen Sternhaufen gibt es Exemplare der Kategorie unserer Sonne, aber auch Schwergewichte mit oft zehnmal mehr Masse und 100.000-mal intensiverer Leuchtkraft. Es liegt nahe, dass es in den relativ dicht bevölkerten Sternhaufen zu Wechselwirkungen zwischen den verschiedenen Sternen kommen kann.

Extern bestrahlte Sternsysteme

Theoretische Modelle sagen voraus, dass die intensive Strahlung massereicher Sterne die Planeten-bildenden Materiescheiben kleinerer Nachbarn beeinflussen kann. Verantwortlich dafür ist ein Mechanismus, der als Photodissoziation bezeichnet wird: Die Strahlung eines massereichen Nachbarsterns erhitzt demnach Gase in der protoplanetaren Scheibe, wodurch sie mobilisiert werden und schließlich aus dem System entweichen können. Wie die Astronomen um Olivier Berné von der Universität von Toulouse nun berichten, ist es ihnen nun erstmals gelungen, diesen Effekt auch direkt zu beobachten.

In ihrem Fokus stand dabei ein junger Stern mit einer protoplanetaren Scheibe, der sich im Orionnebel befindet. Es handelt sich dabei um eine etwa 1400 Lichtjahre von uns entfernte Sternbildungsregion, die im Bereich des „Schwertes“ des berühmten Sternbilds sichtbar wird. Bei der Studie kam neben dem Radioteleskop ALMA (Atacama Large Millimeter/submillimeter Array) in Chile vor allem das James Webb Space Telescope (JWST) zum Einsatz. Seine hohe Sensibilität im Infrarot-Wellenlängenbereich ermöglicht auch Blicke durch verdeckende Staubwolken. So konnte das JWST seit 2022 das Bild des Orionnebels enorm klären und neue Himmelskörper und ihre Strukturen darin aufzeigen. So auch im Fall des jungen Sterns und seiner protoplanetaren Scheibe mit der Bezeichnung d203-506.

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Der Wirkung von Strahlungswind auf der Spur

Wie die Forschenden berichten, wird das nur rund eine Million Jahre alte System von einem nahen Cluster aus massereichen Sternen seitlich bestrahlt. Welche Wirkung dies hat, zeichnete sich ihnen zufolge nun in den Daten von ALMA und dem JWST ab. Wie sie erklären, wurden die Effekte der Photoverdampfung von Gasen in der Materiescheibe anhand von spektroskopischen Analysen des emittierten Lichts aus der protoplanetaren Scheibe deutlich. In den Daten spiegelte sich dabei wider, wie die Materie durch den Effekt des Lichts mobilisiert wird. Das bedeutet: Es zeichneten sich bei d203-506 Strukturen und Prozesse ab, die durch den Strahlungswind des benachbarten Sternclusters verursacht wurden.

Dabei konnten die Forschenden auch dokumentieren, wie die Bestrahlung das Gas aus der protoplanetaren Scheibe ins All davontreibt. Auf der Grundlage der Daten war zudem eine Quantifizierung der entsprechenden Verlustrate möglich. Wie das Team berichtet, ging aus den Ergebnissen hervor, dass bei dem aktuellen Schwund in weniger als einer Million Jahre das Gas aus der Scheibe verschwunden sein könnte. Wie die Astronomen erklären, schränkt dies somit die Wahrscheinlichkeit deutlich ein, dass sich in dem jungen System Gasplaneten bilden können.

Die Ergebnisse dokumentieren damit nun, wie intensiv sich Strahlung auf kosmische Materie-Strukturen auswirken kann und wie entscheidend massereiche Sterne die Entstehung von Planetensystemen ihrer Nachbarn prägen können. Abschließend betonen die Autoren, dass solche Prozesse möglicherweise auch eine Rolle in der Geschichte unserer eigenen kosmischen Heimat gespielt haben: „Studien zur Entstehung des Sonnensystems deuten darauf hin, dass es sich ebenfalls ursprünglich in einem Sternhaufen gebildet hat, der einen oder mehrere massereiche Sterne enthielt. Möglicherweise wurde die Entwicklung des Sonnensystems daher auch durch externe Strahlung beeinflusst“, so Berné und seine Kollegen.

Quelle: Science, doi: 10.1126/science.adh2861

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