Der Planet Merkur war schon immer ein Außenseiter unter den festen Gesteinsplaneten. Nach einem Jahr im Orbit zeigen die Daten der Raumsonde Messenger nun, das der kleine Himmelskörper noch exotischer ist, als bislang angenommen. Zwei Forscherteams berichten in einem Fachartikel und auf einer Tagung, dass Merkurs Mantel eine Schicht aus Eisensulfid enthält ? einem Material, das wohl in keinem anderen Planeten zu finden ist. In der äußeren Gesteinshülle ist dagegen praktisch kein Eisen zu finden. Kruste und Mantel sind im Vergleich zum Kern nur so dünn wie die Schale einer Orange.
Dass Merkur einen vergleichsweise großen Kern hat, wussten Planetenforscher bereits aufgrund seiner hohen Dichte. Die Messenger-Daten belegen nun, dass der Kern einen noch größeren Teil des Planeten ausfüllt, als sie bislang angenommen hatten. Der Radius des Kerns beträgt etwa 85 Prozent des Planetenradius. Zum Vergleich: Der Radius des Erdkerns ist halb so groß wie der Erdradius. Ungewöhnlich ist auch die chemische Zusammensetzung von Merkurs Kern, der wie bei der Erde wahrscheinlich aus einer flüssigen äußeren Schicht und einem festen Innenteil besteht. Den Forschern zufolge enthält der Merkur-Kern sowohl Silizium als auch große Mengen Schwefel als Beimengung. Da diese Stoffe nicht bei allen Druck- und Temperaturverhältnissen mischbar sind, schließen die Forscher auf eine feste Eisensulfid-Schicht oberhalb des flüssigen Kerns.
Messenger hat inzwischen auch eine genaue topographische Karte der Oberfläche hergestellt und das Schwerefeld vermessen. Wie die Forscher berichten, sind die Höhenunterschiede auf Merkur geringer als auf dem Mond oder dem Planeten Mars. Im riesigen Caloris-Becken, einem der größten Meteoriten-Krater des Sonnensystems, liegt der Kraterboden teilweise höher als der Rand. Ein unbekannter Prozess muss den Kraterboden nach der Entstehung in die Höhe gedrückt haben. Das deutet den Forschern zufolge darauf hin, dass Merkurs geologische Aktivität länger anhielt als gedacht. ?Viele Forscher haben bislang angenommen, dass Merkur während des größten Teils seiner Geschichte ein toter Planet war?, sagt Maria Zuber vom Massachusetts Institute of Technology, eine der Autorinnen. ?Jetzt sehen wir überzeugende Beweise für eine ungewöhnliche Dynamik innerhalb von Merkur.?
In den dunklen Kratern an den Polen von Merkur vermuten Planetenforscher seit einiger Zeit Vorkommen von Eis. Radarmessungen von Messenger sprechen nun dafür, dass es im ewigen Schatten tatsächlich Eis geben könnte. Sie identifizierten dort Materialien, die Radiowellen ausgezeichnet reflektieren. Ob es sich dabei wirklich um Wassereis handelt, könnten demnächst Messungen mit dem Neutronenspektrometer von Messenger zeigen.
David Smith (Massachusetts Institute of Technology) et al: Science, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1126/science.1218809 Maria Zuber (Massachusetts Institute of Technology) et al: Science, Online-Vorabveröffentlichung, doi: 10.1126/science.1218805 wissenschaft.de – Ute Kehse