Dieses Manko brachte nun Heymsfield und sein Team dazu, sich einmal genauer mit der Bildung und der Ausbreitung der Löcher in den Wolken zu beschäftigen. Dazu analysierten sie eine Serie von Satellitenbildern, die die Wolkendecke am 29. Januar 2007 über dem US-Bundesstaat Texas dokumentierten und auf denen gleiche eine ganze Reihe von Löchern und Kanälen zu erkennen war. Die Höhe der betreffenden Schicht lag bei etwa 7,7 Kilometern und ihre Temperatur betrug durchschnittlich -30 Grad Celsius, ermittelten die Wissenschaftler. Sie bestand hauptsächlich aus winzigen unterkühlten Wassertröpfchen, die trotz der Minustemperaturen weiterhin flüssig waren ? eine unabdingbare Voraussetzung für die Bildung der Löcher. Diese flüssige Schicht hatte eine Stärke von gut 150 Metern; darunter befand sich eine weitere, mit 450 Metern weit dickere Schicht, die das Wachstum von Eiskristallen stark förderte.
92 Löcher und ähnliche Strukturen konnten die Forscher auf ihrer Bilderserie vom ihrem Auftauchen bis zum Verschwinden verfolgen. Einige dieser Löcher hatten Längen von mehr als 100 Kilometern und waren bis zu vier Stunden lang sichtbar, berichtet das Team. Ihre Entstehung folgte fast immer dem gleichen Muster: Innerhalb der ersten 30 Minuten nach ihrem ersten Auftauchen verdoppelten sie ihre Fläche, die in den folgenden 30 Minuten dann um weitere 25 Prozent zunahm. Nach einer Stunde begann die Größe dann langsam wieder abzunehmen. Als die Wissenschaftler anschließend alle Flugbewegungen über Texas in dem entsprechenden Zeitraum mit Position und Zeitpunkt des Auftretens der Löcher verglichen, zeigte sich ein klarer Zusammenhang: Bei Dreiviertel aller Formationen habe man einen eindeutigen Verursacher identifizieren können, sagt Heymsfield ? die restlichen hätten meist in häufig benutzten Flugkorridoren gelegen, so dass hier keine eindeutige Zuordnung möglich gewesen sei. Nicht nur große Passagiermaschinen wurden dabei aus Auslöser entlarvt, sondern auch alle möglichen anderen Flugzeugtypen, von der kleinen Propellermaschine bis zum Privatjet.
Vermutlich lösen die Flugzeuge die Löcher auf zweierlei Arten aus, erläutert das Team. Zum einen kühlt sich die strömende Luft hinter dem Propeller und oberhalb der Flügel um 20 bis 30 Grad ab. Das reicht aus, um die meist etwa minus 20 Grad kalten winzigen Wassertröpfchen auf unter minus 40 Grad zu bringen ? eine Temperatur, bei der unterkühltes Wasser spontan kristallisiert. Zum anderen stoßen die Flieger auch Partikel in ihren Abgasen aus, die schon bei höheren Temperaturen als Kristallisationskeime wirken können und aus den flüssigen Tröpfchen ebenfalls Eiskristalle werden lassen. Einmal vorhanden, wachsen die Kriställchen anschließend auf Kosten der Tröpfchen weiter, die verdampfen und an den Partikelchen kondensieren. Dadurch verarmt der Bereich um die wachsenden Eiskristalle an Wasser und es entsteht das auffallende Loch.
Wie die Forscher mithilfe einer Computersimulation, die auch für die Wettervorhersage verwendet wird, errechneten, wird der Vorgang noch verstärkt durch Wärme, die beim Verdampfen der Tröpfchen entsteht. Sie erzeugt einen Aufwärtssog im Zentrum des Lochs, der wiederum durch eine fallende Strömung an dessen Rand kompensiert wird. Zusammen lassen diese Prozesse die Löcher so schnell so immens anwachsen, erläutert Studienleiter Heymsfield. Dabei nimmt sowohl in ihrem Inneren als auch unter der Schicht die Niederschlagsmenge zu ? und das sei vermutlich dort, wo sehr viele Flieger die eher niedrig liegenden Schichten durchqueren, durchaus zu merken. Globale Auswirkungen auf das Klima seien aber nicht zu erwarten, schreibt das Team.