Astronomen wollen die Merkmale von fernen Planeten buchstäblich durchschauen – nun ist es erstmals geglückt, das Element Helium in der Atmosphäre eines Exoplaneten nachzuweisen. Möglich war dies durch ein neues Verfahren: Die Forscher analysierten die Merkmale der Strahlung, die durch die Atmosphäre schimmert im infraroten anstatt im ultravioletten Bereich. Diese Methode könnte nun weitere Einblicke in die Gashüllen ferner Welten ermöglichen, sagen die Astronomen.
Im Kosmos wimmelt es von Sternen mit Planeten – das haben die Erfolge der Planetenjäger in den letzten Jahren gezeigt. Die neue Herausforderung ist nun, Merkmale der vielen entdeckten Exoplaneten aufzudecken. Besonders interessant sind dabei Eigenschaften ihrer Atmosphären. Einblicke ermöglichen Spektralanalysen des Lichts, das durch die Hüllen der Exoplaneten schimmert, wenn sie vor ihrem Zentralstern vorbeiziehen. Die Merkmale des Lichts, das uns erreicht, können Rückschlüsse über das Vorhandensein bestimmter Substanzen in der Atmosphäre ermöglichen.
Ber Blick verschiebt sich in den Infrarotbereich
Bei einem prominenten Element im Kosmos hat sich der entsprechende Nachweis allerdings als knifflig herausgestellt: “Helium ist das zweithäufigste Element im Universum nach Wasserstoff. Es ist auch einer der Hauptbestandteile der Planeten Jupiter und Saturn in unserem Sonnensystem. Bis jetzt konnte Helium allerdings auf Exoplaneten nicht nachgewiesen werden – trotz der Suche danach”, sagt Jessica Spake von der University of Exeter.
Im ultravioletten Bereich des Spektrums nach „Fingerabdrücken“ von Helium zu suchen, hat sich als problematisch erwiesen: Die Erdatmosphäre ist für einen Großteil der ultravioletten Strahlung nicht durchlässig. Das schränkt die Beobachtungsmöglichkeiten stark ein: Teleskope auf der Erdoberfläche können nicht eingesetzt werden. Allein das Weltraumteleskop Hubble bietet bisher Möglichkeiten zur UV-Untersuchung von fernen Atmosphären. Außerdem sind die Informationen bei Ultraviolettmessungen sehr komplex und schwierig zu interpretieren.
Spake und ihre Kollegen haben nun hingegen im Infrarotspektrum der Atmosphäre nach Signaturen von Helium gesucht und wurden fündig. Sie konzentrierten sich bei ihrer Analyse auf die Absorptionseigenschaften einer speziellen Form des Heliums: Sogenannte metastabile Heliumatome absorbieren Nahinfrarotlicht, das eine Wellenlänge hat, die sich nur geringfügig außerhalb der Sehfähigkeit des Menschen befindet. Messungen in diesem Wellenlängenbereich sind viel einfacher zu interpretieren als die im ultravioletten. So konnten die Forscher den „Fingerabdruck“ des Heliums schließlich erfassen.
Ein aufgeblähter Schweif-Planet
Die Daten stammten von der Wide Field Camera 3 des Hubble-Teleskops. Im Visier stand der Planet mit der Bezeichnung WASP-107b. Er gehört zu den Planeten mit der niedrigsten Dichte, die bekannt sind: Obwohl WASP-107b ungefähr die gleiche Größe wie Jupiter hat, besitzt er nur zwölf Prozent seiner Masse. Der Exoplanet ist etwa 200 Lichtjahre von der Erde entfernt und braucht weniger als sechs Tage, um seinen Stern zu umkreisen. Ähnlich wie ein Komet zieht er dabei einen Schweif hinter sich her, der aus seiner Atmosphäre hervorgeht.
Der sehr deutliche Nachweis von Helium bei WASP-107b legt nahe, dass die obere Atmosphäre des Planeten mehrere zehntausend Kilometer in den Weltraum hinausreicht, sagen die Astronomen. Ihnen zufolge verliert er deshalb auch ständig Material in den umliegenden Raum: zwischen 0,1 bis 4 Prozent der Gesamtmasse seiner Atmosphäre in einer Milliarde Jahre, schätzen die Forscher.
Im Zentrum ihrer Arbeit steht allerdings die neue Nachweismethodik, betonen die Forscher. “Das starke Signal von Helium, das wir erhalten haben, zeigt eine neue Technik auf, durch die sich die oberen Schichten von Exoplaneten untersuchen lassen”, sagt Spake. Aktuelle Methoden, die ultraviolettes Licht nutzen, sind auf nahe Exoplaneten beschränkt. Wir wissen, dass es in der oberen Atmosphäre der Erde Helium gibt, und diese neue Technik könnte uns helfen, Atmosphären um erdgroße Exoplaneten zu entdecken – was mit der derzeitigen Technologie sehr schwierig ist”, sagt die Astronomin.
Quelle: ESA, Nature doi: 10.1038/s41586-018-0067-5