Donnadieu und seine Kollegen untersuchten daher jetzt, ob die Riffe etwas mit einem Kälteeinbruch vor 160 Millionen Jahren während des Erdzeitalters Jura zu tun gehabt haben könnten. Der Ur-Ozean Tethys bedeckte damals große Teile von Europa. Auch Deutschland war von einem flachen Tropenmeer bedeckt, in dem es riesige Riffe aus Karbonatmineralien gab ? Überreste sind etwa die Schwäbische und die Fränkische Alb. Die Baumeister dieser Riffe waren vor allem Schwämme und Mikroben, nicht Korallen wie heute.
Doch vor 160 Millionen Jahren dezimierten sich die Riffe in den Subtropen. Schließlich wurde auch in den Tropen kein Kalk mehr abgelagert, wie geologische Daten zeigen. Andere Daten belegen, dass gleichzeitig die Temperaturen sanken. Mit einem Klimamodell, das auch den Kohlenstoff-Zyklus einbezieht, zeigen die Forscher um Donnadieu, dass das Riff-Sterben die Ursache der Abkühlung gewesen sein könnte. Es senkte den Kohlendioxid-Gehalt der Atmosphäre von 700 Teilen pro Million (700 ppm, etwas mehr als das Doppelte des heutigen Wertes von 390 ppm) auf 200 ppm ab.
Der Untergang der Riffe veränderte demnach das chemische Gleichgewicht in den Ozeanen, so dass das Wasser wesentlich mehr Kohlendioxid aufnehmen konnte als vorher. Es saugte das Treibhausgas förmlich aus der Luft. In dem Modell der Forscher sanken die Temperaturen daraufhin so stark ab, dass sich auf der Nordhemisphäre eine kleine Eiskappe bildete. Der Meeresspiegel sank um bis zu 40 Meter, was die Riffe weiter dezimierte. Als die Riffe wieder zu wachsen begannen, stiegen auch die Temperaturen schnell wieder an.
Darüber, welche anfängliche Ursache das Riffsterben hatte, können die Forscher nur spekulieren. Ihrer Meinung nach könnte allerdings eine kleine Störung ausgereicht haben, um den Teufelskreis in Gang zu setzen.