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Flüssiges Wasser in der Marskruste?

Astronomie|Physik

Flüssiges Wasser in der Marskruste?
Wasser in der Marskruste
In den Rissen und Poren des Gesteins in der mittleren Marskruste könnten große Mengen flüssigen Wassers gespeichert sein. © James Tuttle Keane und Aaron Rodriquez

Der Mars ist heute trocken und kalt, doch tief unter seiner Oberfläche könnte es noch flüssiges Wasser geben: Auswertungen seismischer Daten der NASA-Landesonde Mars InSight legen nahe, dass das Krustengestein in elf bis 20 Kilometer Tiefe porös und mit flüssigem Wasser gesättigt ist. Den Berechnungen zufolge könnte dort unten genug Wasser vorhanden sein, um die gesamte Oberfläche des Roten Planeten mit einer bis zu zwei Kilometer hohen Wasserschicht zu bedecken. Die Forscher schließen daraus, dass das Wasser der urzeitlichen Marsozeane nicht ins All entwich, sondern in die Tiefe sickerte. Rein theoretisch könnte dieses tiefe Wasserreservoir sogar ein Refugium für mikrobielles Leben darstellen, wie das Team erklärt. Zugänglich oder beprobbar ist dieses Wasser allerdings nicht: In diese Tiefen kann kein Bohrer vordringen.

Der Mars war in seiner Frühzeit deutlich wärmer und feuchter als heute, auf seiner Oberfläche gab es damals Seen, Flüsse und wahrscheinlich sogar einen ausgedehnten, flachen Ozean. Dieser bedeckte bis vor rund 3,5 Milliarden Jahren weite Teile der nördlichen
Tiefebenen. Dieses marsianische Nordmeer könnte rund 20 Prozent der Planetenoberfläche bedeckt haben, schwand dann aber relativ schnell dahin, als das Klima auf dem Roten Planeten kalt und trocken wurde. Was dabei jedoch mit dem Wasser des Marsozeans geschah, ist nicht geklärt: “Das urzeitliche Oberflächenwasser könnte in Mineralen gebunden worden sein, als Wassereis begraben, als flüssiges Wasser in tiefen Aquiferen versickert oder in den Weltraum verloren gegangen sein”, erklären Vashan Wright von der University of California in San Diego und seine Kollegen. Daten von Marssonden legen nahe, dass das Wasser des einstigen Marsozeans nicht in den polaren Eiskappen des Mars konserviert sein kann – ihr Volumen reicht dafür nicht aus.

Seismischer Blick in die mittlere Kruste

Wright und sein Team sind daher einer anderen Möglichkeit nachgegangen: Sie haben untersucht, ob sich das Wasser des früheren Marsozeans vielleicht in der Tiefe der Marskruste verbirgt. Dafür werteten sie seismische Daten der NASA-Landesonde Mars Insight aus, die knapp nördlich des Mars-Äquators am westlichen Rand der Ebene Elysium Planitia steht. Anhand der von ihrem Seismometer aufgezeichneten Marsbeben und physikalischer Modelle lässt sich ermitteln, welche Struktur der Untergrund hat – ob porös oder massiv – und ob es in ihm Wasser oder wasserhaltige Minerale gibt. Bereits 2022 hatten solche Analysen ergeben, dass die Marskruste zumindest bis in eine Tiefe von rund 300 Metern eher trocken ist und nur wenig Wassereis enthält. Wright und seine Kollegen haben nun jedoch in größere Tiefen geschaut. Ihr Fokus lag auf der mittleren Kruste des Mars in 11,5 bis 20 Kilometer Tiefe. “Die Temperaturen auf dem heutigen Mars sind warm genug, um stabil flüssiges Wasser am oberen Rand der mittleren Kruste zu ermöglichen”, berichten die Forscher. Frühere Analysen hatten zudem bereits ergeben, dass dieser Krustenbereich porös und von reichlich Gesteinsporen durchsetzt sein könnte.

Für ihre Studie haben die Wissenschaftler daher gezielt die seismischen Daten analysiert, die Auskunft über die Beschaffenheit der mittleren Kruste des Mars geben. Sie nutzten dafür ein mathematisches Modell der Gesteinsphysik, das auf der Erde zum Auffinden von Ölvorkommen und Grundwasserreservoiren verwendet wird. Die Analysen bestätigten, dass die Porosität des Untergrunds in dieser Tiefe bei rund 17 Prozent liegt und dass das Gestein dort von feinen, wassergefüllten Rissen durchzogen ist: “Eine mittlere Kruste aus zerbrochenem magmatischem Gestein, das mit flüssigem Wasser gesättigt ist, erklärt die existierenden Daten am besten”, schreiben Wright und seine Kollegen. Sollten diese Messungen nicht nur für den Standort der Marssonde, sondern auch für den Rest des Planeten repräsentativ sein, dann könnte es in der mittleren Marskruste demnach ein gewaltiges Reservoir flüssigen Wassers geben. Nach Berechnungen der Forscher gäbe es dort unten dann genügend Wasser, um die gesamte Marsoberfläche einen bis zwei Kilometer hoch mit Wasser zu fluten.

Refugium für marsianisches Leben?

Nach Ansicht von Wright und seinen Kollegen sprechen diese Daten dafür, dass das Wasser des urzeitlichen Marsozeans nicht verdunstet und ins All hinausgerissen wurde. Stattdessen könnte der größte Teil dieses Wassers im Untergrund versickert und bis heute erhalten geblieben sein. Für künftige Mars-Astronauten und Marsstationen wäre dieses tiefe Wasser zwar nicht nutzbar, da keine Bohrtechnik so weit in die Tiefe reicht. Dennoch ist die Existenz eines solchen Aquifers auf dem Mars potenziell bedeutsam, wie das Team erklärt. “Die Erkenntnis, dass es dort ein großes Reservoir flüssigen Wassers gibt, eröffnet uns ein Fenster in das vergangene Klima des Mars”, sagt Co-Autor Michael Manga von der University of California in Berkeley. “Und da Wasser eine Voraussetzung ist für Leben, wie wir es kennen, sehe ich nicht, warum das Untergrund-Reservoir keine lebensfreundliche Umwelt sein sollte.” Denn auch auf der Erde gebe es mikrobielles Leben selbst in tiefsten Bergwerken oder dem Grund der Tiefsee. “Wir haben zwar noch keinerlei Belege für Leben auf dem Mars entdeckt, aber wir haben nun zumindest einen Ort, der im Prinzip Leben erlauben würde”, so Manga.

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Quelle: Vashan Wright (Scripps Institution of Oceanography, University of California San Diego, La Jolla) et al., Proceedings of the National Academy of Sciences, doi: 10.1073/pnas.2409983121

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