Vor zweitausend Jahren ist unter der westantarktischen Eisdecke ein Vulkan ausgebrochen, der noch heute aktiv ist. Das schließen Hugh Corr und David Vaughan von der British Antarctic Survey in Cambridge aus Radarbildern, die während einer Überfliegung der Hudson Mountains in der Westantarktis geschossen wurden. Die Bilder zeigen Reflexionen, die über ein ovales Areal verteilt sind und zu den Rändern hin schwächer werden. Die Wissenschaftler glauben, dass die Reflexionen von einer Ascheschicht stammen, die ein Vulkanausbruch hinterlassen hat.
Die westliche
Antarktis liegt im Gegensatz zum östlichen Teil des Kontinents auf einer
Plattengrenze und ist daher vulkanisch aktiv. Beweise für tätige Vulkane oder sogar Vulkanausbrüche unter dem Eis gab es bisher allerdings nicht. Corr und Vaughan können sich die Radarbilder aber anders nicht erklären: Dafür sprechen nicht nur die auffällige ovalen Form und die Reflexionen, sondern auch, dass die Schicht isochron, also zur gleichen Zeit, abgelagert worden ist.
Vermessungen der reflektierenden Schicht ergaben, dass sie ein Gebiet von der Größe Mecklenburg-Vorpommerns bedeckt und aus bis zu 0,3 Kubikkilometern Asche besteht. Auf der achtstufigen Eruptionsskala für Vulkane, dem Vulkanexplosivitätsindex, entspräche das dem Wert vier, einer großen Eruption. Corr und Vaughan glauben, dass die Explosion eine der größten in den vergangenen 10.000 Jahren der Antarktis gewesen sein muss. Wahrscheinlich sprengte sie ein großes Loch in die Eisdecke und schleuderte Asche und Gesteinsbrocken fast zwölf Kilometer in die Höhe.
Eine unabhängige Bestätigung für ihre Theorie des Ausbruchs unter dem Eis haben Corr und Vaughan in Eisbohrkernen gefunden: Wissenschaftler hatten die Eisproben schon früher in der Nähe der Hudson Mountains gezogen und in zwei von ihnen eine vulkanische Ascheschicht entdeckt, deren Ursprung sie sich nicht erklären konnten. Die Schichten sind ungefähr 2.300 Jahre alt, was in den Unsicherheitsbereich der Altersdatierung der Eruption vor 2.400 bis 1.900 Jahren passen würde.
Hugh Corr und David Vaughan (British Antarctic Survey, Cambridge): Nature Geoscience, Online-Vorabveröffentlichung, DOI:10.1038/ngeo106 ddp/wissenschaft.de ? Livia Rasche