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Extragalaktische Stern-Brutstätten kartiert

Astronomie

Extragalaktische Stern-Brutstätten kartiert
Spezielle Molekülstrahlung (farblich hervorgehoben) zeigt in der Whirlpool-Galaxie die Regionen mit sternbildenden Wolken auf. © Thomas Müller (HdA/MPIA), S. Stuber et al. (MPIA), NASA, ESA, S. Beckwith (STScI) und das Hubble Heritage Team (STScI/AURA)

Wo befinden sich die Regionen mit besonders hohen Stern-Geburtenraten in Galaxien? Astronomen haben nun erstmals in einer Nachbargalaxie der Milchstraße die charakteristischen Signaturen von sternbildenden Wolken großräumig erfasst. Diese spezielle Kartierung der sogenannten Whirlpool-Galaxie könnte nun dazu beitragen, die Frühphasen extragalaktischer Sternentstehung auf Größenskalen von einzelnen sternbildenden Gaswolken zu untersuchen, sagen die Wissenschaftler.

Was steht am Anfang von Entwicklungen? Diese Frage ist in vielen Bereichen der Wissenschaft besonders interessant – so auch in der Astronomie. Was die Entstehung von Sternen wie unserer Sonne betrifft, geht man davon aus, dass sie sich am häufigsten in kosmischen Bereichen mit besonders hoher Materiedichte zusammenballen. Die entsprechenden Regionen in Galaxien als Hotspots zu bezeichnen, würde allerdings hinken. Denn wie aus bisherigen Untersuchungen in unserer Milchstraße hervorgeht, beginnt die Entwicklung von Sternen in dichten galaktischen Wolken aus eher kühlem Gas und Staub.
Ihre Identifizierung ist deshalb eine Herausforderung für die Astronomie. „Dafür vermessen wir gewöhnlich die Strahlung bestimmter Moleküle, die besonders häufig in diesen sehr kalten und dichten Zonen vorkommen“, sagt Erst-Autorin Sophia Stuber vom Max-Planck-Institut für Astronomie (MPIA) in Heidelberg. Bei der Erforschung der Sternentstehung in der Milchstraße dienen dabei vor allem zwei Substanzen als chemische Sonden: HCN (Cyanwasserstoff) und N2H+ (Diazenylium).

Die Whirlpool-Galaxie im Visier

In ihrer Studie haben Stuber und ihre Kollegen nun ausgelotet, inwieweit sich die spektralen Signaturen dieser Substanzen auch zur Identifizierung der sternbildenden Wolken außerhalb unserer eigenen Galaxie eignen. Man kann sich dabei zunächst fragen, warum bei der Erforschung von Sternbildungs-Regionen der Blick in die Ferne schweifen sollte. Überraschenderweise kann aber die Sicht auf die galaktische Nachbarschaft besser sein als der auf unsere eigene Heimat. Denn durch die „Froschperspektive“ fehlt uns der Überblick über die Milchstraße: Die Molekülwolken und Sternentstehungsgebiete sind hier zwar näher, aber ihre Struktur und Lage zu erfassen, ist schwierig.

Deshalb haben die Forscher nun eine unserer Nachbargalaxien ins Visier genommen: die sogenannte Whirlpool-Galaxie (Messier 51). Sie ist „nur“ rund 28 Millionen Lichtjahre entfernt und präsentiert sich uns in Aufsicht. Dadurch ist sie detaillierten Untersuchungen besonders zugänglich. „Diesen Umstand nutzten wir, um herauszufinden, wie gut die beiden Gase die dichten Wolken in dieser Galaxie für uns aufspüren können“, erklärt Stuber. Zum Einsatz kam dabei der Northern Extended Millimetre Array (NOEMA) – ein Radiointerferometer in den französischen Alpen. Durch komplexe Auswertungssysteme lassen sich in seinen Daten die Strahlungssignaturen von Cyanwasserstoff und Diazenylium aufdecken, erklären die Wissenschaftler.

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Eine galaktische Karte – und ein Rätsel

Wie sich zeigte, funktioniert dies im Fall der Whirlpool-Galaxie: Das Team konnte dort nun großräumig das für die zukünftigen Sternkinderstuben typische kalte und dichte Gas kartieren. Diese Bereiche durchziehen dabei dunkle Zonen in den Spiralarmen. „Wir konnten die Signaturen dabei auch sehr detailliert über einen weiten Bereich messen, der verschiedene Zonen mit unterschiedlichen Bedingungen abdeckt. Schon auf den ersten Blick zeigt sich, dass die beiden Moleküle zwar etwa gleich gut dichtes Gas sichtbar machen können – es offenbarten sich aber auch interessante Unterschiede“, sagt Co-Autorin Eva Schinnerer vom MPIA.

Während die Intensität der Strahlung von Cyanwasserstoff und Diazenylium über die Spiralarme hinweg in gleichem Maße der Gasdichte folgend ansteigt und abfällt, stellte das Team eine deutliche Abweichung von dieser Regel im Zentralbereich der Galaxie fest: Im Vergleich zum Diazenylium steigt dort die Helligkeit der Emission des Cyanwasserstoffs dort überproportional stark an. Demnach scheint dort irgendetwas den Cyanwasserstoff zusätzlich zum Leuchten anzuregen, das Diazenylium aber nicht. „Wir vermuten, dass der aktive galaktische Kern in der Whirlpool-Galaxie dafür verantwortlich ist“, sagt Schinnerer. Dabei handelt es sich um die turbulente Zone rund um das zentrale Schwarze Loch der Galaxie, die intensive Strahlung abgibt. Sie könnte für die zusätzlichen Emissionen der Cyanwasserstoff-Moleküle sorgen. „Was aber genau den Unterschied der beiden Gase ausmacht, müssen wir noch erforschen“, betont Schinnerer.

Wie das Team resümiert, eröffnen die Ergebnisse nun die Aussicht darauf, Frühphasen der Sternentwicklung auch außerhalb der Milchstraße erforschen zu können: Die Whirlpool-Galaxie kann nun als erstes Forschungsobjekt dienen, um die Sternentstehung im galaktischen Maßstab zu erkunden. „Gerne würden wir in Zukunft aber noch weitere Galaxien mit dem Ansatz untersuchen“, sagt Stuber. Bisher reichen dafür allerdings die technischen Möglichkeiten noch nicht aus: Die Strahlungs-Empfindlichkeit ist zu gering. Doch die Astronomen setzen ihre Hoffnung auf die weitere Entwicklung der Möglichkeiten: „Entsprechend leistungsfähig könnte das ngVLA (next-generation Very Large Array) werden, das derzeit in Planung ist“, sagt Schinnerer.

Quelle: Max-Planck-Institut für Astronomie in Heidelberg, Fachartikel: Astronomy & Astrophysics Letters, doi: 10.1051/0004-6361/202348205

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