Die Biomatten bilden Sauerstoff-Oasen in den unwirtlichen Lagunen: In den Matten ist die Sauerstoffkonzentration viermal so hoch wie im Wasser darüber, fanden die Forscher heraus ? zumindest tagsüber. Wenn die Sonne scheint, produzieren die Blaualgen das für Tiere lebenswichtige Gas per Photosynthese. Das nutzen einige Tiere aus. Direkt am Meeresboden oder unter den Biomatten leben zum Beispiel Insektenlarven und Würmer. Bei Nacht fallen die Insektenlarven in eine Art Winterschlaf, um die Zeit ohne Sauerstoff zu überdauern, schreiben die Forscher.
Gingras und Kollegen vermuten, dass küstennahe Ozeane im Erdzeitalter Ediacarium ganz ähnlich aussahen wie die Lagunen von Los Roques. Das Ediacarium begann vor 635 Millionen Jahren und endete vor 542 Millionen Jahren. Der Sauerstoffgehalt lag damals bei einem Zehntel der heutigen Konzentration. Es gab bereits einfache Lebensformen, zum Beispiel Schwämme und Nesseltiere. Doch erst mit dem Beginn des nachfolgenden Zeitalters Kambrium breiteten sich komplexere Tiere schlagartig auf der Erde aus. Allerdings gab es auch während des Ediacariums schon weiter entwickelte Tiere, zum Beispiel Schnecken. Das zeigen sogenannte Spurenfossilien, also versteinerte Furchen und Gänge, die die Tiere im Meeresboden hinterließen. Wie sie dem Erstickungstod entgingen, war bislang allerdings ein Rätsel.
Die Spuren tauchen häufig zusammen mit versteinerten Biomatten auf. Bislang deuteten Paläontologen das als Hinweis darauf, dass die Urtiere die Mikrobenmatten als Futterquelle nutzten. Gingras und seine Kollegen vermuten dagegen, dass sich die Mehrzeller vor allem wegen des Sauerstoffs auf, in oder unter den Biomatten aufhielten. Ihrer Meinung nach könnten die lokalen Sauerstoff-Anreicherungen einen wichtigen Schritt in der Evolution der Tiere eingeleitet haben: Vielleicht entwickelten Tiere die Fähigkeit, sich fortzubewegen, um zu den Oasen zu gelangen.