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Event-Horizon-Teleskop sieht jetzt schärfer

Astronomie|Physik

Event-Horizon-Teleskop sieht jetzt schärfer
Schwarzes Loch
Diese Simulation zeigt, wie ein Schwarzes Loch ähnlich Sagittarius A* bei der bisherigen Wellenlänge 1300 Mikrometer aussieht und wie viel schärfer es bei der kürzeren Radiowellenlänge von 870 Mikrometern aussehen würde. © Christian M. Fromm/ Universität Würzburg

Das Event-Horizon-Teleskop (EHT) hat in den letzten Jahren schon mehrfach bahnbrechende Aufnahmen von Schwarzen Löchern geliefert. Jetzt folgt der nächste Schritt: Die EHT-Kollaboration hat es geschafft, die Wellenlänge ihrer Radioteleskopbeobachtungen auf 870 Mikrometer zu verkürzen und so die Auflösung ihres Teleskopverbunds bedeutend zu steigern. Den Astronomen gelang so erstmals eine astronomische Beobachtung mit gekoppelten Radioteleskopen bei dieser höheren Frequenz von 345 Gigahertz. Dank dieser neuen Technik können Schwarze Löcher oder Galaxienkerne künftig mit einer rund 50 Prozent höheren Auflösung abgebildet werden als zuvor, wie das Team berichtet. Dies könnte wertvolle neue Erkenntnisse über das Verhalten der rotierenden Gase an Schwarzen Löchern, die Entstehung ihrer energiereichen Jets und weitere kosmische Phänomene liefern.

Die ikonischen Bilder des Event-Horizon-Teleskopverbunds (EHT) gingen um die Welt: Die gekoppelten Radioteleskope zeigten erstmals den dunklen Schatten eines supermassereichen Schwarzen Lochs und den hellen Lichtring um den Ereignishorizont. Diese Aufnahmen bestätigten wichtige Vorhersagen von Albert Einstein zur Größe und Form von Schwarzen Löchern und ihres Ereignishorizonts. “Mit dem EHT haben wir die ersten Bilder von Schwarzen Löchern gesehen, indem wir Radiowellen bei 230 Gigahertz detektierten”, erklärt Alexander Raymond vom Harvard & Smithsonian Center for Astrophysics in den USA. “Aber der helle Ring, der durch das durch von der Schwerkraft gebeugte Licht gebildet wird, sah noch immer verschwommen aus, weil wir uns an der absoluten Grenze der für uns erreichbaren Schärfe bewegten.”

EHT-Verbund
Diese Radioobservatorien haben an der ersten Testbeobachtung teilgenommen. © CfA/SAO, Mel Weiss

Kürzere Wellenlänge bringt höhere Auflösung

Um die Auflösung eines Teleskopverbunds zu erhöhen, gibt es zwei Möglichkeiten: Zum einen kann man den Abstand der Teleskope zueinander vergrößern, die sogenannte Baseline. Je weiter die äußersten Teleskope auseinanderstehen, desto größer ist die virtuelle “Schüssel”, die der Verbund bildet – und desto höher ist die Auflösung. Doch die über fast alle Kontinente verteilten Radioteleskope des EHT stehen bereits maximal voneinander entfernt – sie bilden einen Empfänger von der Größe unseres gesamten Planeten. Die zweite Möglichkeit ist eine Verkürzung der Beobachtungswellenlänge. Denn ähnlich wie in der Mikroskopie gilt auch bei Teleskopen: Je kürzer die Wellenlänge, bei der man beobachtet, desto höher ist die mögliche Auflösung. Die bisherigen Aufnahmen des EHT entstanden bei 230 Gigahertz, dies entspricht einer Wellenlänge der Radiostrahlung von 1300 Mikrometern.

Um die Aufnahmen schärfer zu machen, arbeiten die Astronomen schon seit Jahrzehnten daran, die Technik der mittels Interferometrie gekoppelten Radioteleskop-Arrays (Very Long Baseline Interferometrie, VLBI) so weiterzuentwickeln, dass auch Beobachtungen mit der kürzeren Wellenlänge von 870 Mikrometern möglich werden. Doch das ist aus mehreren Gründen eine große Herausforderung. So absorbiert der Wasserdampf in der Atmosphäre die Radiostrahlung bei 870 Mikrometer Wellenlänge viel stärker als bei 1300 Mikrometern, dadurch werden die detektierbaren astronomischen Signale stark abgeschwächt und das Störrauschen nimmt zu. Gleichzeitig sind die Radiowellen bei diesen höheren Frequenzen sensibler gegenüber wetterbedingten Turbulenzen. Doch durch Verbesserungen an den auf ultrakalte Temperaturen heruntergekühlten Empfängern der Teleskope, der Übertragungstechnik für ihre zeitgenaue Kopplung und der Datenverarbeitung ist es der EHT-Kollaboration nun gelungen, erstmals Beobachtungen kosmischer Objekte bei 870 Mikrometer Wellenlänge durchzuführen.

Testaufnahmen mit Rekordschärfe

Die Astronomen führten ihre Testbeobachtungen mit zwei Teilsystemen des Teleskopverbunds durch, die das ALMA-Array und das Atacama Pathfinder Experiment (APEX) in Chile sowie weitere Teleskope in Spanien, Frankreich Grönland und Hawaii umfassten. Als Ziel wählten sie ferne Galaxien mit aktiven, supermassiven Schwarzen Löchern in ihrem Zentrum. Trotz teils ungünstiger Wetterbedingungen an einigen europäischen Standorten gelang es den Astronomen, die Radiostrahlung dieser Galaxien bei 870 Mikrometern einzufangen. Zwar reichte die Zahl der verwendeten Empfänger nicht aus, um aus den Daten ein scharfes Bild zu erstellen, die Radiodaten erreichten aber eine neue Rekordauflösung von 19 Mikrobogensekunden. Dies ist die kürzeste Wellenlänge, die je mit einem VLBI-Netzwerk von Radioteleskopen aufgenommen wurde, wie Raymond und seine Kollegen berichten. Ihren Berechnungen nach könnte das Event-Horizont-Teleskop mit seinem kompletten Verbund sogar noch kosmische Strukturen von 13 Mikrobogensekunden auflösen. Zum Vergleich: Dies entspricht der Abbildung einer auf der Mondoberfläche liegenden Münze von der Erde aus.

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Für die Beobachtung von Schwarzen Löchern und Galaxienkernen stellt diese Steigerung der Auflösung einen wichtigen Schritt dar, wie das Team erklärt. Denn dadurch könnte das EHT in Zukunft Schwarze Löcher und die Region ihres Lichtrings rund 50 Prozent detaillierter und schärfer darstellen als bisher. “Um zu verstehen, warum dies ein solcher Durchbruch ist, vergleichen Sie dies mit dem Schub an Extra-Details, der durch den Wechsel von Schwarzweiß- zu Farbfotos auftritt”, sagt Co-Autor Sheperd Doeleman vom Harvard & Smithsonian Center for Astrophysics. Durch die Erweiterung des Frequenzspektrums werde es leichter, die Effekte von Einsteins Gravitation zu erforschen, aber auch die Wechselwirkungen der heißen Gase und der Magnetfelder am Schwarzen Loch. Außerdem ermöglicht es die erhöhte Auflösung, künftig auch weitere, kleinere oder weiter entfernte Schwarze Löcher abzubilden. „Diese Signalmessungen mit dem VLBI bei 870 Mikrometern sind bahnbrechend, da sie ein neues Beobachtungsfenster für die Untersuchung supermassereicher Schwarzer Löcher öffnen“, erklärt Co-Autor Thomas Krichbaum vom Max-Planck-Institut für Radioastronomie in Bonn.

Quelle: Alexander Raymond (Harvard & Smithsonian Center for Astrophysics, Cambridge USA) et al., The Astronomical Journal, doi: 10.3847/1538-3881/ad5bdb

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