Anzeige
1 Monat GRATIS testen. Danach zum Jubiläumspreis weiterlesen.
Startseite »

Erdbeben: Vorboten im Grundwasser

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Erdbeben: Vorboten im Grundwasser
14-09-19 Erdbeben.jpg
Credit: Thinkstock
Erdbeben gehören zu den gewaltigsten Naturkatastrophen, die der Mensch kennt. Doch nicht nur ihre enorme Zerstörungskraft macht die Beben für uns so unheimlich. Vielmehr noch ängstigt uns ihre Unberechenbarkeit, ihr oft völlig überraschendes Auftreten. Denn Erdbeben präzise vorherzusagen ist bislang unmöglich. Geophysiker fahnden deshalb immer wieder nach verlässlichen Vorzeichen für drohende Erdstöße. Nun haben Forscher Vorboten entdeckt, die schon Monate im Voraus auf ein Beben hinweisen könnten: chemische Veränderungen im Grundwasser.

Bislang müssen sich Erdbebenexperten mit kurzfristigen Warnsignalen begnügen: Technische Frühwarnsysteme erkennen die kurze Zeitspanne zwischen dem für Menschen noch nicht spürbaren Beginn eines Bebens und den ersten gefährlichen Erdstößen präzise. Die verbleibende Zeit kann dann zum Beispiel dafür genutzt werden, Kraftwerke abzuschalten oder Menschen zu evakuieren. Doch dabei muss es schnell gehen – oft bleiben nur wenige Minuten bis der Boden wackelt. Langfristig arbeiten Wissenschaftler mit Prognosen, die sie unter anderem aufgrund der geologischen Geschichte eines Gebietes erstellen. Diese bestimmen jedoch nur eine Bebenwahrscheinlichkeit und sind alles andere als genau. Erdbeben präzise und zugleich lange im Voraus vorhersagen zu können ist deshalb eine der wichtigsten Bestrebungen von Geophysikern – bisher scheint sie unmöglich.

Auf der Suche nach verlässlichen Bebenvorboten sind Forscher immer mal wieder auf mögliche Indikatoren im Grundwasser gestoßen. So scheint sich die chemische Zusammensetzung des Wassers zu wandeln, bevor ein Erdbeben auftritt. Ob diese Veränderungen tatsächlich mit dem Beben zusammenhängen, konnten sie jedoch nie beweisen. Dazu fehlten aussagekräftige Daten – bis jetzt. Ein Team um den schwedischen Geowissenschaftler Alasdair Skelton von der Universität Stockholm liefert nun eine Auswertung, die einen ursächlichen Zusammenhang zwischen veränderter Wasserchemie und Unruhen im Erdinneren nahelegt.

Chemische Anomalien

Zwischen 2008 und 2013 analysierten Skelton und seine Kollegen wöchentlich die Geochemie des Grundwassers, das sie einem Bohrloch in Nordisland entnahmen. Dabei untersuchten sie unter anderem die Häufigkeit stabiler Isotope und die Konzentration bestimmter Elemente im Wasser. Vier bis sechs Monate vor einem Erdbeben der Stärke 5,6 im Oktober 2012 stellten sie plötzlich fest, dass sich die chemische Zusammensetzung des Wassers veränderte. Die gleiche Beobachtung machten sie einige Monate später, vor einem Beben der Stärke 5,5 im April 2013. Insbesondere veränderte sich der Anteil stabiler Wasserstoffisotope. Außerdem änderten sich die Konzentrationen von Calcium, Natrium und Silicium.

Weil die Untersuchungen der Forscher detailliert sind und vor allem einen langen Zeitraum umfassen, ist mit den gewonnenen Daten eine statistische Auswertung möglich. Sie zeigt: tatsächlich hängen die beobachteten Anomalien statistisch gesehen mit den Erdbeben zusammen. Eine Erklärung für dieses Phänomen haben die Wissenschaftler auch: Durch die Ausdehnung der Erdkruste, die durch die sich aufbauenden Spannungen im Erdinneren entsteht, werden neue Gesteinsoberflächen dem zirkulierenden Wasser ausgesetzt, aus denen sich chemische Elemente lösen. Durch die Bewegungen könnten zudem Bestandteile des Grundwassers durchmischt werden, die zuvor getrennt waren.

Anzeige

Potential für die Bebenvorhersage

Zukünftige Studien, so hoffen Skelton und sein Team, könnten den Wert ihrer Beobachtungen für die Erbebenvorhersage weiter untersuchen und bestätigen: „Wir glauben, dass diese Prozesse nicht nur an der von uns untersuchten Stelle in Island auftreten. Sondern dass ähnliche Veränderungen auch anderswo stattfinden”, schreiben sie in der Fachzeitschrift Nature Geoscience. Auch andere Experten halten die Erkenntnisse der Forscher für schlüssig – so zum Beispiel die Geowissenschaftler Steven Ingebritsen und Michael Manga. In einem Kommentar in dem Fachblatt schreiben sie: „Die Beobachtungen von Skelton und seinen Kollegen sind triftig genug, um weitere Untersuchungen zu veranlassen.” Nur systematische Langzeitstudien könnten zeigen, wo und unter welchen Bedingungen Unregelmäßigkeiten in der Grundwasserchemie auftreten. Und welche chemischen Bestandteile des Wassers sich als zuverlässige Indikatoren für ein erhöhtes Erdbebenrisiko eignen könnten.

Originalarbeit der Forscher:

© wissenschaft.de – Daniela Albat
Anzeige
Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

  • Wie kann die Wissenschaft helfen, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern?
  • Was werden die nächsten großen Innovationen?
  • Was gibt es auf der Erde und im Universum noch zu entdecken?

Hören Sie hier die aktuelle Episode:

Youtube Music
Aktueller Buchtipp

Sonderpublikation in Zusammenarbeit  mit der Baden-Württemberg Stiftung
Jetzt ist morgen
Wie Forscher aus dem Südwesten die digitale Zukunft gestalten

Wissenschaftslexikon

As|sun|zi|o|ne  〈f. 19〉 Darstellung der Himmelfahrt Mariä in der Kunst; Sy Assunta … mehr

ein|schlä|gig  〈Adj.〉 bezüglich, zutreffend, dazu gehörig ● die ~en Bestimmungen nachlesen, nachschlagen; die ~e Literatur durcharbeiten; ~ vorbestraft für das gleiche Vergehen bereits vorbestraft; … mehr

Oxa|lat|stein  〈m. 1; Med.〉 Harnstein [→ Oxalsäure … mehr

» im Lexikon stöbern
Anzeige
Anzeige
Anzeige