Dichter als Stahl: Astronomen berichten über einen Neptun-großen Exoplaneten mit einer gigantischen Masse. Sie ist etwa doppelt so groß wie die aller anderen bekannten Planeten dieser Kategorie. Offenbar besteht TOI-1853b demnach aus einem überraschend hohen Gesteinsanteil. Möglicherweise handelt es sich bei dem Exoplaneten um das Resultat gewaltiger Zusammenstöße von Protoplaneten, geht aus Modellierungen hervor.
Bei den Größenordnungen in unserem Sonnensystem nimmt ein Himmelskörper zwischen den Gesteinsplaneten und den Gasriesen eine Zwischenstellung ein: der Neptun. Er besitzt dabei etwa das 17-fache der Erd-Masse. Die Exoplaneten-Forschung hat bereits gezeigt, dass es Planeten dieser Kategorie auch in vielen anderen Sternsystemen gibt. Sie besitzen dabei unterschiedliche Merkmale, die mit ihrer Entfernung zum Stern und ihrer Entstehungsgeschichte zu tun haben. Einige sind wie unser Neptun eisige Welten mit dicken Atmosphären aus Wasserstoff und Helium. Es sind aber auch dichtere Exemplare bekannt, die zu erheblichen Teilen aus Wasser oder Gestein bestehen und nur dünne Atmosphären besitzen. Der neuentdeckte Neptun-große Planet ist dabei nun das bisher extremste bekannte Beispiel.
Dichterekord bei den Exo-Neptunen
Entdeckt hat ihn ein internationales Astronomen-Team im etwa 535 Lichtjahre von uns entfernten Sternsystem TOI-1853. Auf die Spur des Planeten kamen die Wissenschaftler durch Daten des Weltraumteleskops Transiting Exoplanet Survey Satellite (TESS) mithilfe der Transit-Methode. Es zeichnete sich ab, dass TOI 1853b etwa 3,5-mal den Radius der Erde besitzt und damit etwa so groß ist wie unser Neptun. Im Gegensatz zu diesem kreist er allerdings extrem nah um seinen Stern: Für einen Umlauf braucht TOI 1853b nur 1,24 Tage.
Für die große Überraschung sorgte dann allerdings die Masse des Planeten, die anhand seiner gravitativen Beeinflussung des Sterns bestimmt werden konnte. Demnach ist TOI-1853b rund 75-mal schwerer als die Erde. Die Masse von TOI-1853b ist damit etwa doppelt so groß wie die aller anderen bekannten Exemplare aus der Kategorie der Neptun-großen Exoplaneten. In Kombination mit den Informationen zu seinen Ausmaßen ergibt sich damit eine erstaunlich hohe Dichte. Das bedeutet, dass der Planet zu einem besonders hohen Anteil aus schwerem Material wie Gestein besteht.
Vermutlich “bombastische” Entstehungsgeschichte
„Dieser Planet besitzt höchst überraschende Merkmale: Er ist so groß wie Neptun, hat aber eine höhere Dichte als Stahl“, sagt Co-Autor Jingyao Dou von der University of Bristol. „Eigentlich wäre davon auszugehen, dass ein solcher Planet sich zu einem Gasriesen entwickelt hätte, dessen Dichte dann letztlich der von Wasser ähnelt“, erklärt Dou. Um der Frage nachzugehen, wie es hingegen zu den erstaunlichen Merkmalen von TOI-1853b gekommen sein könnte, entwickelten er und seine Kollegen Modellsimulationen am Computer.
Wie sie berichten, zeichnete sich dabei ab, dass der Planet durch Kollisionen von Protoplaneten entstanden sein könnte. Die bombastischen Ereignisse hätten dabei einen Teil der leichteren Atmosphäre und des Wassers entfernt und große Gesteinsmengen zurückgelassen, geht aus den Simulationen hervor. „Es zeigte sich, dass der ursprüngliche Planetenkörper wasserreich gewesen sein könnte. Um die Merkmale von TOI-1853b zu erzeugen, wäre dann gewaltige Einschläge mit hohen Geschwindigkeiten nötig gewesen“, sagt Co-Autor Philip Carter von der University of Bristol.
Der neuentdeckte Planet trägt damit nun zu bisherigen Hinweise bei, wonach gewaltige Kollisionen bei der Entstehung von Planetensystemen eine wichtige Rolle spielen können, sagen die Wissenschaftler. „Wir haben starke Belege für hochenergetische Kollisionen zwischen Planetenkörpern in unserem Sonnensystem, wie zum Beispiel die Existenz unseres Erdmondes. Zudem gibt es auch bereits einige Hinweise bei einer kleinen Anzahl von Exoplaneten“, sagt Carter. Darin reiht sich TOI-1853b jetzt ein. Deshalb wird der ungewöhnliche Himmelskörper nun auch weiterhin im Visier der Astronomen stehen.
Quelle: University of Bristol, Fachartikel: Nature, doi: 10.1038/s41586-023-06499-2