Nach Einsteins Allgemeiner Relativitätstheorie wirkt die Gravitation auf alle Objekte gleich – unabhängig von ihrer Masse oder Zusammensetzung. Ob dieses starke Äquivalenzprinzip auch für sehr große Massen gilt, haben Astronomen nun überprüft. Dafür testeten sie, ob die Bewegungen eines Pulsars in einem Dreifachsystem mit zwei Weißen Zwergen Einsteins Vorhersagen entsprechen. Die Langzeitmessungen mithilfe eines französischen Radioteleskops ergaben, dass mögliche Abweichungen kleiner sein müssen als zwei Millionstel. Damit ist die Gültigkeit des starken Äquivalenzprinzips mit der bisher höchsten Genauigkeit auch für große Massen bestätigt.
Galileo Galilei vermutete es schon vor rund 400 Jahren, Isaac Newton formulierte es erstmals aus und Albert Einstein machte es zu einem Grundpfeiler seiner Allgemeinen Relativitätstheorie: das Äquivalenzprinzip. Nach diesem wirkt die Gravitation auf alle Objekte gleich – unabhängig von ihrer Masse oder Zusammensetzung. Gäbe es den Luftwiderstand nicht, würde demnach eine Bleikugel genauso schnell zu Boden fallen wie eine Feder. Man spricht daher auch von der „Universalität des freien Falls“. Die einfache, aber trotzdem tiefgreifende Erkenntnis dieser Universalität gab Einstein einen wichtigen Anstoß dazu, die Gravitation als ein Resultat der gekrümmten Raumzeit anzusehen. Er hat diese plötzliche Eingebung später als „den glücklichsten Gedanken meines Lebens“ bezeichnet. Seither hat Einsteins starkes Äquivalenzprinzip alle Tests mit Bravour bestanden.
Ein Pulsar und zwei Weiße Zwerge als Einstein-Test
Unklar blieb jedoch, ob die Universalität des freien Falls auch dann noch gilt, wenn extrem hohe Massen im Spiel sind. Denn einigen alternativen Theorien zufolge könnte es dabei Abweichungen durch die starke Eigenschwerkraft-Wirkung solcher Objekte geben. In diesem Fall müssten astronomische Objekte in einem Gravitationsfeld abhängig vom Ausmaß der von ihnen selbst erzeugten Krümmung der Raumzeit beschleunigt werden – und das müsste zu Unterschieden führen. Nach Einstein sollten Erde und Mond durch den Schwerkrafteinfluss der Sonne gleich stark beschleunigt werden, den alternativen Theorien zufolge könnte es Abweichungen zwischen ihnen geben, weil die Erde durch ihre größere Masse selbst den Raum stärker krümmt. Das Problem jedoch: Aus Mangel an geeigneten Testobjekten gab es bisher nur wenig Möglichkeiten, diese Annahmen zu überprüfen.
Das änderte sich, als Astronomen vor einigen Jahren das Dreifachsystem PSR J0337+171 in rund 4200 Lichtjahren Entfernung entdeckten. Es besteht aus zwei Weißen Zwergen und einem Neutronenstern, der in regelmäßigem Takt Radiowellen aussendet – er ist ein Pulsar. Der Neutronenstern umkreist einen der Weißen Zwerge in jeweils 1,6 Tagen, der zweite Weiße Zwerg umrundet beide Partner in einem 327-Tage dauernden Orbit. Wegen der großen, kompakten Masse des Pulsars und seinen zwei leichteren Partnern stellt dieses Dreifachsystem ein ideales Labor dar, um die Universalität des freien Falls für größere Massen zu überprüfen. Denn wenn Einstein Recht behält, dann müssten der Pulsar und sein weißer Partner gleich stark auf die Gravitation des äußeren Dritten im Bunde reagieren. Die pulsierenden Radiosignale des Neutronensterns erlauben es dabei, seine Bewegung präzise zu verfolgen – und so mögliche Abweichungen aufzuspüren.
Abweichungen werden unwahrscheinlicher
Diesen Test haben nun Astronomen um Guillaume Voisin vom Jodrell Bank Centre for Astrophysics in Manchester mit bislang höchster Genauigkeit durchgeführt. Dafür analysierten sie die Ankunftszeiten der Radiopulse von PSR J0337+1715 über einen Zeitraum von acht Jahren hinweg mit dem Nançay-Radioteleskop in Frankreich. Die erhaltenen Daten unterzogen sie einer ganzen Batterie statistischer Tests, um die Unsicherheit so stark wie möglich zu senken. Als Ergebnis erhielten sie einen Wert, nach dem die Abweichung in der Beschleunigung von Neutronenstern und Weißem Zwerg – wenn es sie überhaupt gibt – geringer sein muss als 2,05 Millionstel. “Damit stehen unsere Resultate in voller Übereinstimmung mit der Allgemeinen Relativitätstheorie”, konstatieren die Forscher. Gleichzeitig verbessert dieses Ergebnis die Genauigkeit eines vorherigen Tests mit demselben Pulsar um 30 Prozent. “Die Bestätigung mit dieser Genauigkeit stellt einen der bisher überzeugendsten Tests überhaupt für Einsteins Theorie dar – und die Theorie besteht den Test mit Bravour”, sagt Voisin.
Für die alternativen Theorien zu Einsteins Theorie bedeutet dies, dass sie weniger wahrscheinlich werden, weil sich der Bereich, in dem ihre Effekte auftreten könnten, weiter verkleinert hat. “Für alternative Theorien der Schwerkraft, die in Konkurrenz zur allgemeinen Relativitätstheorie zum Beispiel zur Erklärung der Dunklen Energie vorgeschlagen werden, werden nun enge Grenzen gesetzt”, erklärt Voisin. Einstein behält damit vorerst wieder einmal Recht.
Quelle: Astronomy & Astrophysics, doi: 10.1051/0004-6361/202038104