Noch weit jenseits des sichtbaren Randes von Galaxien befinden sich Wolken aus Gasmolekülen. Jonathan Braine und Fabrice Herpin vom Observatoire de Bordeaux gelang es nun erstmals, am Rand der Spiralgalaxie NGC 4414 Kohlenmonoxid und indirekt auch molekularen Wasserstoff nachzuweisen. Die vormals unsichtbaren Gase können aber nicht das Rätsel um die dunkle Materie lösen, die Galaxien wesentlich schneller rotieren lässt als es allein von der sichtbaren Masse her zu erwarten wäre, berichten die beiden Forscher in der Zeitschrift Nature (Bd. 432, S. 369).
Die Außenbezirke von Galaxien sind für Astronomen ein schwieriges Territorium: Da es dort kalt ist und kaum Sterne existieren, dringt nur wenig Licht aus diesem Bereich in die Teleskope der Sternforscher. Bislang war zwar bekannt, dass atomarer Wasserstoff noch jenseits der sichtbaren Grenze von Galaxien existiert. Ob dort aber auch molekularerer Wasserstoff (H2) zu finden ist, der im Zentrum von Galaxien weit häufiger vorkommt als atomarer Wasserstoff, war bislang völlig offen.
Braine und Herpin bestimmten jetzt die Menge von Kohlenmonoxid am Rand der Galaxie NGC 4414 mit dem Radioteleskop auf dem Pico Veleta in Spanien. Wie sie schreiben, ist die Galaxie in Wirklichkeit 1,5-mal größer als der sichtbare Teil, wenn man das Gas einbezieht. Da Kohlenmonoxid und molekularer Wasserstoff meist gemeinsam vorkommen, berechneten die Forscher auch die vorhandene Menge des Wasserstoff-Moleküls. Das Ergebnis: Das Molekül ist am Rand der Galaxie höchstens ein Drittel so häufig wie das Wasserstoff-Atom. Wenn Wasserstoff die gesuchte dunkle Materie wäre, müsste mindestens 50-mal mehr davon vorhanden sein.
Ute Kehse