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Die Batterien, die Spannung in die Luft bringen

Astronomie|Physik Erde|Umwelt

Die Batterien, die Spannung in die Luft bringen
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Blitze fungieren nach der klassischen Vorstellung als Batterien des globalen Stromkreises. Foto: Andrea Reich, PhotoCase.com
Blitze entstehen, wenn sich die Spannung zwischen einer Gewitterwolke und der Erdoberfläche entlädt. Bisher machten Wissenschaftler für das Nachladen dieser Spannung ein globales elektrisches System verantwortlich, das sie sich ähnlich vorstellten wie einen herkömmlichen Stromkreis. Doch immer mehr kristallisiert sich heraus: Ganz so einfach sieht die Wirklichkeit nicht aus.

Spannung liegt in der Luft: Am Himmel hängen bedrohliche dunkle Wolken, der Wind beginnt aufzufrischen und in der Ferne ist ein dumpfes Grollen zu hören. Plötzlich entlädt sich ein heller Blitz, zuckt rasend schnell über den Himmel – ein beeindruckendes Schauspiel, das ständig an etwa 2.000 Orten auf der Erde stattfindet und schon immer die Fantasie der Menschen beflügelt hat. Die Germanen etwa hielten die leuchtenden Erscheinungen für die Spuren des blitzeschleudernden Hammers ihres Gottes Thor. Doch trotz der Vielzahl an Theorien rund um die Blitzschläge ist eine Frage bis heute noch nicht zufriedenstellend beantwortet: Was lädt die Atmosphäre immer und immer wieder so stark elektrisch auf, dass die Blitze überhaupt entstehen können?

Für die Antwort muss man sowohl ins Innere einer Gewitterwolke hinein- als auch weit über ihre Grenzen hinausblicken, berichtet das Magazin “bild der wissenschaft” in seiner August-Ausgabe. Denn die Entladungen, die als Blitze sichtbar werden, gehören zu einem komplexen und immer noch nicht vollständig verstandenen elektrischen Schaltplan, der die gesamte Erde inklusive ihrer Atmosphäre umfasst.

Nach dem am weitesten akzeptierten Modell beginnt er mit der Spannung, die zwischen der Erdoberfläche und der Ionosphäre, der obersten Schicht der Atmosphäre, herrscht: Dort gibt es so viele positiv geladene Teilchen, dass die Erdoberfläche im Vergleich dazu negativ geladen ist. Als Folge dieses Ungleichgewichts bewegen sich ständig geladene Luftmoleküle in Richtung Ionosphäre – es fließt also ein Strom, der auch “Schönwetterstrom” genannt wird.

Doch wie bei einem entladenen Kondensator wäre es damit schnell vorbei, gäbe es nicht noch weitere Phänomene, die das System ständig neu aufladen. Hier kommen die Gewitterwolken ins Spiel: Sie sind ebenfalls elektrisch geladen und wirken damit als eine Art Batterie, die den Stromkreis wieder aufladen. Zurückzuführen ist das auf einen regen Gegenverkehr im Inneren der Gewitterzellen, wo leichte Eiskristalle vom Wind nach oben getragen werden und schwerere Graupelteilchen nach unten sinken. Dabei kollidieren die beiden Teilchenarten immer wieder miteinander – und genau das ist es, was die Spannung erzeugt, haben tschechische Wissenschaftler kürzlich entdeckt.

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Denn bei diesen Zusammenstößen gehen positiv geladene Salzteilchen von den Graupeln in die aus reinem Wasser bestehenden Eiskristalle über. Die Folge ist eine elektrische Aufladung, wie sie auch etwa beim Reiben eines Glasstabs an einem Wollstoff zu beobachten ist: Die Eiskristalle laden sich positiv auf und sammeln sich hauptsächlich im oberen Bereich der Wolke, während die nach unten sinkenden Graupel durch den Mangel an positiven Ladungen negativ werden.

Diese Gewitterwolkenbatterie schließt in der klassischen Vorstellung den Stromkreis: Aus der Ionosphäre fließen überschüssige negative Ladungen zu ihrem positiven, oben gelegenen Pol, und von ihrem negativen unteren Pol werden die negativen Ladungsträger nach unten Richtung Erdoberfläche transportiert – und zwar schlagartig, wenn das elektrische Feld einen bestimmten Wert erreicht hat und sich die Spannung per Blitz entlädt.

Doch so einleuchtend dieses Modell auch erscheint, ganz spiegelt es die Wirklichkeit wohl nicht wider, glauben laut “bild der wissenschaft” immer mehr Forscher. Die Unstimmigkeiten beginnen bereits bei der Struktur der Gewitterwolken, zeigen aktuelle Messungen mit Wetterballons: “Typischerweise haben die Wolken keine Dipol- sondern eine Fünf- bis Sieben-Pol-Struktur”, erklärt etwa Wolfgang Kundt von der Universität Bonn. Auch die Ladungsbilanzen wollen nicht so recht aufgehen. So hat Kundt berechnet, dass die Aufladung durch die Gewitter ungefähr um einen Faktor tausend zu klein ist, um den Schönwetterstrom tatsächlich dauerhaft aufrechterhalten zu können.

Es muss demnach noch andere Faktoren geben, die zur Aufladung beitragen. Über deren Identität sind sich die Forscher bisher allerdings nicht einig. Kundt beispielsweise glaubt, dass neben den Blitzen auch nach unten sinkende Aerosole negative Ladungen in Richtung Erdoberfläche transportieren. “Diese Schwebeteilchen werden zum Teil von Aufwinden emporgetragen. Auch aus dem Weltraum fällt dauernd ein Staubregen ein”, erklärt er.

Andere Forschergruppen machen für die Ladungswanderung eher Niederschläge verantwortlich, und wieder andere sehen in den so genannten Korona-Strömen die Hauptverursacher. Solche Ströme bilden sich an spitzen Objekten unterhalb von elektrisch geladenen Wolken und werden manchmal als bläuliche Elmsfeuer sichtbar, die etwa auf Schiffen oder an Kirchturmspitzen auftreten. Was auch immer es ist, die offenen Fragen werden die Wissenschaftler wohl noch eine Zeitlang beschäftigen – und dabei in mehr als einer Weise für Spannungen sorgen.

Axel Tillemans: “Spannung liegt in der Luft” bild der wissenschaft 8/2007, S. 52 ddp/wissenschaft.de – Ilka Lehnen-Beyel
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