Die Entdeckungsgeschichte des Brontosaurus ist legendär, denn er gehört zu den ersten Riesen-Dinosauriern, die überhaupt gefunden wurden. Die Geschichte begann im Jahr 1877, als der Paläontologe Othniel Charles Marsh bei Ausgrabungen im Westen der USA das unvollständige Skelett eines langhalsigen, ziemlich großen Dinosauriers fand. Er taufte ihn Apatosaurus ajax, die “täuschende Echse”. Zwei Jahre später stieß sein Grabungsteam bei Como Bluff in Wyoming auf ein weiteres, noch größeres Skelett. Auch dieses hatte keinen Schädel, was seine Einordnung erschwerte. Aufgrund der Größenunterschiede entschied sich Marsh aber, den neuen Dino einer eigenen Gattung zuzuordnen: Brontosaurus excelsus – die “noble Donnerechse”. Das Fossil wurde rekonstruiert und als erstes Sauropoden-Skelett überhaupt im American Museum of Natural History in New York ausgestellt. Dies machte den Brontosaurus schnell zum Star unter den Urzeitechsen. Auch andere Museen begannen nun, Skelette und Rekonstruktionen dieser Riesendinos auszustellen – kurioserweise alle mit unterschiedlichen Schädeln, denn wie Apatosaurus und Brontosaurus am Kopf aussahen, wusste man mangels Fossilfunden noch immer nicht.
Der zweite Untergang – und eine Auferstehung
Doch der Ruhm des Brontosaurus währte nur kurz: Bereits 1903 weckte der Fund eines weiteren Langhals-Sauriers Zweifel an seiner Einordnung. Denn das neue Fossil ähnelte sowohl Apatosaurus als auch Brontosaurus. Nach Untersuchung aller Skelette kamen Paläontologen zu dem Schluss, dass alle drei Fossilvarianten wohl doch zu einer Gattung gehören mussten. Das aber war das Ende für den Brontosaurus. Denn weil Apatosaurus zuerst gefunden und beschrieben worden war, erhielten auch alle anderen diesen Gattungsnamen. Damit starb der Brontosaurus gewissermaßen zum zweiten Mal aus – er verschwand aus der offiziellen wissenschaftlichen Nomenklatur.
Emanuel Tschopp von der Universität von Lissabon und seine Kollegen haben nun jedoch den “Fall Brontosaurus” neu aufgerollt. Für ihre Studie analysierten sie nicht nur die alten Fossilien erneut, sie bezogen auch neue Funde aus den letzten Jahren in ihre Analysen mit ein. “Noch vor 15 Jahren wäre unsere Untersuchung so gar nicht möglich gewesen”, erklärt Tschopp. “Denn bis vor kurzem erschien die Annahme, dass es sich bei Brontosaurus und Apatosaurus um eine Gattung handelt, völlig gerechtfertigt.” Erst durch weitere Fossilfunde hat sich dies geändert. Die Forscher nutzten statistische Verfahren, um akribisch die Unterschiede zwischen den Arten zu erfassen und zu bewerten.
Das erstaunliche Ergebnis: “Wir haben zwischen Brontosaurus und Apatosaurus mindestens genauso viele Unterschiede gefunden wie zwischen andern eng verwandten Gattungen”, berichtet Koautor Roger Benson von der University of Oxford. “Und es sind viel mehr als man normalerweise zwischen bloßen Arten findet.” Zwar gibt es keine eindeutigen Regeln dafür, ab wann man wirklich von einer eigenen Gattung sprechen muss. Die Forscher betonen aber, dass in diesem Falle mehr als ausreichend Indizien dafür sprechen. Für die Paläontologen lässt dies nur einen Schluss zu: Brontosaurus ist eine eigene Gattung – die Donnerechse ist wieder da!