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CO2-Eis und Wasserstoffperoxid auf Plutomond Charon nachgewiesen

Astronomie|Physik

CO2-Eis und Wasserstoffperoxid auf Plutomond Charon nachgewiesen
Charon-Spektrum
Dieses vom James-Webb-Teleskop erstellte Spektrum zeigt die Signaturen verschiedener Moleküle auf dem Plutomond Charon. © Silvia Protopapa (SwRI), Ian Wong (STScl)

Pluto und sein großer Mond Charon haben Planetenforschern schon einige Überraschungen bereitet. Jetzt hat das James-Webb-Teleskop neue Details zur Chemie von Charon enthüllt. Die ersten Beobachtungen in Wellenlängen größer als 2,5 Mikrometer belegten erstmals das Vorkommen von Kohlendioxid-Eis und Wasserstoffperoxid auf der Oberfläche des Plutomonds. Bei beiden Molekülen hatte man zuvor schon vermutet, dass sie auf Charon vorkommen, beweisen ließ sich das jedoch erst durch die aktuellen Daten des Nahinfrarot-Spektrometers am Webb-Teleskop. Die neuen Ergebnisse erweitern nicht nur das Spektrum der auf Charon vorkommenden Moleküle, sie geben auch Einblicke in die chemischen Prozesse, die auf der Oberfläche dieses fernen Kuipergürtel-Objekts ablaufen, wie das Team berichtet.

Pluto und sein größter Mond Charon bilden ein Ausnahme-Duo im Sonnensystem. Denn sie sind sich in Größe und Verhalten so ähnlich, dass sie weniger einem Zwergplanet-Mond-Gespann als vielmehr einem Doppelplaneten gleichen. Mit einem Durchmesser von rund 2370 Kilometern ist Pluto gerade einmal knapp doppelt so groß wie Charon mit seinen 1212 Kilometern. Und auch die Massen der beiden Himmelskörper stehen in einem Verhältnis von nur acht zu eins. Zum Vergleich: Bei Erde und Mond liegt dieses bei immerhin 81:1. Während unser Mond sich deshalb um die Erde als seinem zentralen Bezugspunkt bewegt, kreisen Pluto und Charon um das zwischen ihnen liegende, gemeinsame Schwerkraftzentrum. Mehr Details zu Pluto und Charon hat erst die NASA-Raumsonde New Horizons geliefert, die an beiden vorbeiflog und dabei Überraschendes über diese vermeintlich “toten”, eisigen Welten enthüllte. So besitzt Pluto anders als Charon eine Atmosphäre und Winde sowie eine überraschend dynamische Geologie. Beide Himmelskörper sind zudem auch chemisch eng miteinander verbunden. So entstand der rötliche Belag in den Polargebieten des Charon erst durch Emissionen des Pluto.

Erweiterter Blick auf Charons Chemie

“Charon ist dank New Horizons bisher das einzige mittelgroße Kuipergürtel-Objekt, das geologisch kartiert wurde”, sagt Erstautorin Silvia Protopapa vom Southwest Research Institute in Boulder. “Anders als viele der größeren Himmelskörper im Kuipergürtel ist die Oberfläche von Charon nicht durch sehr flüchtige Eisarten wie Methaneis bedeckt. Sie liefert uns daher wertvolle Einblicke darin, wie die Sonneneinstrahlung, Meteoriteneinschläge und andere Prozesse diese fernen Objekte prägen.” Dadurch haben Planetenforscher bereits herausgefunden, dass Charons Oberfläche größtenteils von kristallinem Wassereis und Ammoniak-haltigen Verbindungen bedeckt ist. Auch organische Ablagerungen sowie die rötlichen Tholine in den Polargebieten Charons wurden bereits nachgewiesen. Allerdings blieben spektrale Analysen bisher auf Wellenlängen des sichtbaren Lichts und Nahinfrarots unterhalb von 2,5 Mikrometern beschränkt, wie Protopapa und ihre Kollegen erklären. Dadurch fehlten bisher Daten zu einigen wichtigen Molekülen wie Kohlendioxid (CO2) und Wasserstoffperoxid (H2O2) und auch zu den photochemischen Effekten von Sonnen- und kosmischer Strahlung auf Charons Oberfläche.

Jetzt hat das James-Webb-Weltraumteleskop einige dieser fehlenden Daten geliefert. Protopapa und ihr Team nutzten dafür das Nahinfrarot-Spektrometer (NIRSpec) des Teleskops, das hochauflösende Spektraldaten der Charon-Nordhalbkugel im Bereich 2,5 bis 5,2 Mikrometer Wellenlänge sammelte. Die Auswertung dieser Daten belegt nun die Präsenz zweier weiterer Moleküle auf der Oberfläche des Plutomonds. Die erste Signatur belegt das Vorkommen von gefrorenem CO2. “Wir haben das CO2-Eis auf der Oberfläche von Charon durch seine charakteristischen Absorptionsmerkmale identifiziert, im Speziellen eine kombinierte Linie bei 2,7 Mikrometern”, berichten die Forschenden. Um herauszufinden, in welcher Form das Kohlendioxid auf Charon vorliegt, ergänzten sie diese Daten durch Vergleichsmessungen im Labor, bei denen sie verschiedenen Formen dieses Eises sowie von Mischungen mit anderen Komponenten herstellten.

(Video: Silvia Protopapa (SwRI)/ Ian Wong (STScl))

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Kristallines CO2 und von Strahlung erzeugtes Wasserstoffperoxid

Die Untersuchungen legen nahe, dass das Kohlendioxid als dünne Schicht reinen, kristallinen Eises vorliegt. “Unsere bevorzugte Interpretation ist, dass das CO2-Eis im Inneren des Charon vorkommt und dass diese oberflächliche Schicht durch Einschlagsereignisse freigelegt wurde”, berichtet Protopapa. “Von Kohlendioxid weiß man, dass es in der Region der protoplanetaren Scheibe vorkam, in der sich einst das Pluto-System bildete.” Eine zweite spektrale Signatur in den NIRSpec-Daten deutet auf das Vorhandensein von Wasserstoffperoxid H2O2 ) hin. Der Abgleich mit Laborversuchen ergab, dass dieses Molekül auf Charon entsteht, wenn UV-Strahlung von der Sonne und kosmische Strahlung das Wassereis der Oberfläche treffen und die Wassermoleküle zerfallen lassen. Die dabei erzeugten OH-Radikale können dann miteinander reagieren und Wasserstoffperoxid bilden. “Der Nachweis des H2O2 demonstriert klar, welchen Einfluss Radiolyse und Photolyse auf Charons Oberfläche haben”, konstatieren die Wissenschaftler.

Die neuen Ergebnisse liefern damit weitere, wertvolle Einblicke in die Chemie der Himmelskörper im fernen Kuipergürtel – einer Region unseres Sonnensystems, die noch immer kaum erforscht ist.

Quelle: Silvia Protopapa (Southwest Research Institute, Boulder) et al., Nature Communications, doi: 10.1038/s41467-024-51826-4

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