Der stellare Partner hat ihnen die Wasserstoffhülle entzogen: Astronomen haben die Existenz einer speziellen Kategorie von „entblößten“ Sternen in Doppel-Systemen bestätigt. Die Identifizierung von gleich 25 solcher Kandidaten untermauert nun bisher theoretische Annahmen zur Ursache eines kosmischen Phänomens, erklären die Wissenschaftler: Bei den Wasserstoff-befreiten Sternen handelt es sich offenbar um die heißen Heliumsterne mittlerer Masse, von denen man annimmt, dass sie die Vorläufer von wasserstoffarmen Supernovae bilden.
Mit bloßem Auge sehen wir nur einen einzelnen Punkt am Himmel – doch oft sind es eigentlich zwei: Die astronomische Forschung hat mittlerweile eindeutig gezeigt, dass es viele binäre Sternsysteme im Kosmos gibt. Dabei umkreisen sich zwei Sterne in einer Art kosmischem Tanz und beeinflussen ihre weitere Entwicklung maßgeblich. Dies betrifft auch die Endphase ihrer Existenz. Wenn Sterne einer bestimmten Masse beginnen, auszubrennen, blähen sie sich zu einem Roten Riesen auf, um den sich eine wasserstoffreiche Hülle bildet. Im Fall von Einzelsternen kommt es dann schließlich zu einer Supernova-Explosion, in deren grellem Licht sich auch die spektrale Signatur des Wasserstoffes abzeichnet.
Bisher nur Theorie
Doch in binären Systemen kann es theoretischen Annahmen nach zu einem speziellen Prozess kommen: Wenn sich einer der stellaren Partner zu einem Roten Riesen aufbläht, kann der andere ihm durch seine Anziehungskraft die wasserstoffreiche Hülle entziehen. Am Ende bleibt dann nur noch ein Heliumkern übrig, der sich zusammenzieht und mehr als zehnmal höhere Temperaturen als die Sonne entwickelt. Bei entsprechender Masse kann dieser Heliumstern dann ebenfalls in einer Supernova explodieren – der dann folglich die Signatur des Wasserstoffes fehlt. Solche wasserstoffarmen Supernovae bilden sogar etwa ein Drittel aller Sternexplosionen, geht aus Beobachtungsdaten hervor.
Dazu schien bisher auch zu passen, dass Modellsimulationen zufolge etwa jeder dritte Stern mittlerer Masse in Doppelsternsystemen seine Wasserstoffhülle verliert. Mit anderen Worten: Die möglichen Vorläufer der wasserstoffarmen Supernovae müssten eigentlich häufig zu finden sein. Doch bisher blieb diese Stern-Kategorie verborgen. Nur in einem Fall gab es bisher zumindest entsprechende Hinweise. „Wenn sich herausgestellt hätte, dass diese Sterne selten sind, dann hätte dies einen wichtigen theoretischen Rahmen in Frage gestellt. Doch wir konnten nun bestätigen, dass diese Sterne tatsächlich existieren“, sagt Erstautorin Maria Drout von der University of Toronto.
Heißen Heliumsternen auf der Spur
Gemeinsam mit der Co-Erstautorin Ylva Götberg vom Institute of Science and Technology Austria in Klosterneuburg und einem internationalen Team kam Drout den gesuchten Sternen anhand ihrer speziellen Strahlung auf die Spur: Sie entwickelten ein Verfahren, um den ultravioletten Teil des Spektrums zu untersuchen, in dem extrem heiße Himmelskörper wie die Heliumsterne den größten Teil ihres Lichts abgeben. Sie analysierten dabei Daten des Swift Ultra-Violet/Optical Teleskops der NASA, in dessen Visier zwei der erdnächsten Galaxien standen: die Große und die Kleine Magellansche Wolke. Die Suche nach Sternen mit ungewöhnlichen UV-Emissionen führte dort schließlich zu 25 Kandidaten. Diese wurden anschließend einer genaueren spektroskopischen Untersuchung mithilfe der Magellan-Teleskope am Las Campanas-Observatorium unterzogen.
So konnten die Wissenschaftler schließlich bestätigen: Die identifizierten Sterne sind tatsächlich sehr heiß, klein und wasserstoffarm und befinden sich in Doppel-Systemen. Sie erfüllen damit also alle Kriterien der Modellvorhersagen. „Starke spektrale Signaturen von ionisiertem Helium gaben uns dabei wichtige Hinweise: Erstens bestätigen sie, dass die äußersten Schichten der Sterne von Helium dominiert werden, und zweitens, dass ihre Oberflächen sehr heiß sind. Das ist genau das, was bei Sternen zu erwarten ist, die nach dem Massentransfer einen freiliegenden, kompakten, heliumreichen Kern haben“, sagt Götberg.
Somit konnten die Wissenschaftler nun die bisher verborgen geblieben Heliumsterne mittlerer Masse ausfindig machen, die als Vorläufer der wasserstoffarmen Supernovae vorhergesagt wurden. „Es gibt wahrscheinlich noch sehr viele von ihnen zu entdecken“, sagt Götberg. Deshalb plant das Team neben der genaueren Untersuchung der bisher entdeckten Sterne nun auch eine Ausweitung der Suche: Sie wollen weitere Teleskope einsetzen, um in mehr Galaxien und vor allem auch in unserer Milchstraße nach weiteren Kandidaten dieser interessanten Stern-Kategorie Ausschau zu halten.
Quelle: University of Toronto, Institute of Science and Technology Austria, Fachartikel: Science, doi: 10.1126/science.ade4970