Die unter anderem im Westen Nordamerikas regelmäßig auftretenden extrem langsamen Erdbeben werden von Ebbe und Flut beeinflusst. Diese für Menschen nicht spürbaren Beben entwickeln eine ähnliche Energie wie starke, zerstörerische Erdbeben, verteilen diese jedoch auf zwei bis drei Wochen. Bei Flut sind die Erschütterungen stärker als bei Ebbe, berichten Forscher um Justin Rubinstein von der Universität von Washington in Seattle. Die Wissenschaftler hatten die letzten drei dieser Beben seismologisch untersucht.
Die Forscher analysierten zwischen 2004 und 2007 drei Beben entlang der Plattengrenze im Westen des nordamerikanischen Kontinents. Hier tauchen Teile der ozeanischen Erdkruste des Pazifiks unter der nordamerikanischen Kontinentalplatte ab. Die gemessenen Beben, die im Durchschnitt alle 14 Monate auftreten, scheinen zu pulsieren, erläutert Rubinstein. Die seismischen Messungen zeigten stärkere und schwächere Phasen, die mit den
Gezeiten übereinstimmten: Die Beben bei Flut waren stärker als bei Ebbe.
Wie genau aber die Gezeiten die Beben beeinflussen, ist für die Wissenschaftler nach wie vor ein Rätsel. Die schlüssigste Erklärung ist, dass die Verschiebung zwischen beiden Platten unter dem Gewicht des auflaufenden Wassers stärker wird.
Bereits seit dem späten 19. Jahrhundert versuchen Seismologen, einen Zusammenhang zwischen Erdbeben und den Gezeiten zu finden. Die Idee ist dabei, dass Mond und Sonne durch ihre Anziehung sowohl auf die Erdkruste direkt einwirken als auch indirekt über das Gewicht des Wassers, das durch die Gezeitenkräfte hin- und herbewegt wird.
New Scientist, Onlinedienst Originalarbeit: Justin Rubinstein (Universität von Washington in Seattle) et al.: Science, Onlinevorabveröffentlichung, DOI: 10.1126/science.1150558 ddp/wissenschaft.de ? Gesa Graser