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Aus Photonen-Singles werden Paare

Astronomie|Physik

Aus Photonen-Singles werden Paare
Atom
Angeregte Atome können überschüssige Energie in Form von Photonen abgeben – sie beginnen zu leuchten. © EzumelImages/ iStock

Die Wechselwirkung von Licht und Atomen ist eine der fundamentalen Interaktionen in der Physik – schon Albert Einstein beschäftigte sich mit ihr. Jetzt haben deutsche Physiker neue Einblicke in die Reaktion von Atomen auf Laserlicht gewonnen. Gängiger Annahme nach geben die Atome nach Anregung durch den Laser ihre überschüssige Energie immer nur ein Photon nach dem anderen ab, emittieren aber niemals zwei Photonen gleichzeitig. Doch jetzt belegt ein Experiment, dass dies so nicht ganz stimmt: Filtert man einen bestimmten Anteil des vom Atom gestreuten Lichts heraus, bilden die übrigbleibenden Photonen Paare miteinander verschränkter Lichtteilchen. Dies wirft ein buchstäblich neues Licht auf das Verhalten fluoreszierender Atome und könnte auch praktischen Nutzen für die Quantenkommunikation haben.

Der deutsche Physiker Max Planck postulierte schon im Jahr 1900, dass die Energie bei der Wechselwirkung von Materie und Strahlung nur in diskreten “Energiepaketen” ausgetauscht werden kann – sie ist gequantelt. 1915 präzisierte Albert Einstein dies, indem er erkannte, dass diese Quanten beim Licht den Photonen entsprechen. Wird ein Atom durch einen Lichtstrahl angeregt, wechselt es in einen höheren Energiezustand, nimmt dabei aber immer nur ein Photon auf einmal auf. Fällt das Atom dann wieder in seinen Ursprungszustand zurück, gibt es die überschüssige Energie wieder in Form eines Photons ab – es fluoresziert. Misst man diese Fluoreszenz mit Photosensoren, die noch einzelne Photon registrieren können, erzeugt diese Fluoreszenz kein durchgehendes elektrisches Signal, sondern eine Serie von kurzen Strompulsen. Bei nur einem fluoreszierenden Atom zeigt sich dabei, dass es immer nur ein Photon nach dem anderen freisetzt, die wie an einer Perlenschnur aufgereiht auf den Detektor treffen.

Ist ein Interferenz-Effekt schuld?

“Diese Interaktion eines einzelnen Quanten-Emitters mit zwei Energieebenen mit einem kohärenten Lichtfeld ist einer der Ecksteine der Quantenoptik und bildet das Herz vieler moderner Experimente und Anwendungen im Quantenbereich”, erklären Luke Masters von der Humboldt-Universität Berlin und seine Kollegen. “Gängiger Interpretation nach kann ein solcher Quanten-Emitter immer nur einzelnen Photonen absorbieren und emittieren.” Beobachtungen scheinen dies auch zu bestätigen. Doch schon vor rund 40 Jahren stellten Physiker bei genauerer Analyse der physikalischen Gleichungen und Modelle fest, dass es theoretisch auch eine andere Erklärung für die Vereinzelung der beobachteten Fluoreszenz-Photonen gibt. Demnach könnten bei der Reaktion des Atoms auf Laserlicht durchaus mehrere Photonen entstehen. Diese werden kohärent und nicht kohärent gestreut und können sich dabei durch destruktive Interferenz gegenseitig aufheben – so die Theorie.

Sollte diese Theorie korrekt sein, dann müsste sich dies jedoch auch experimentell nachweisen lassen, und genau dies ist nun Masters und seinen Kollegen gelungen. Für ihre Studie hielten sie ein einzelnes Rubidium-Atom in einer optisch-magnetischen Falle gefangen und bestrahlten es mit schwachem, infrarotem Laserlicht. Das dadurch angeregte Atom setzte nun seinerseits Photonen frei. “Dieses Fluoreszenzlicht kann in einen kohärenten Quantenzustand und eine inkohärente, gestreute Komponente aufgeteilt werden”, erklären die Physiker. Entfernten sie nun den kohärenten Anteil mithilfe spezieller Filter, verwandelte sich der Einzelphotonen-Strom plötzlich in Paare gleichzeitig emittierter Photonen. „Hierbei handelt es sich um ein wunderbares Beispiel dafür, wie sehr unsere Intuition versagt, wenn wir versuchen, uns eine Vorstellung davon zu machen, wie Prozesse auf der mikroskopischen Ebene ablaufen“, sagt Seniorautor Jürgen Volz von der Humboldt-Universität. Denn mit der Wahrnehmung unserer Alltagswelt lässt sich dieser Effekt nicht in Einklang bringen: Verbannt man alle grünen Autos von einer Straße, fahren die verbleibenden deshalb nicht plötzlich in Paaren nebeneinander her.

Verschränkte Paare mit praktischem Nutzen

“Damit liefern unsere Ergebnisse fundamentale Einblicke in die quantenmechanische Interaktion von Licht und Materie”, schreiben Masters und seine Kollegen. Ihr Experiment widerlegt die Annahme, nach der ein einzelnes Atom nur ein Photon nach dem anderen streuen kann. “Betrachtet man das unmodifizierte vom Atom emittierte Lichtfeld, wird dieses tatsächlich niemals zwei simultane Photonen enthalten”, konstatieren sie. Aber wie das Experiment nun belegt, geht dies nicht darauf zurück, dass das Atom selbst keine zwei Lichtteilchen gleichzeitig emittieren kann. Stattdessen sorgen wahrscheinlich erst die Interferenzen in dem gestreuten Licht für diese Vereinzelung. “Dies steht in starkem Kontrast zur gängigen Annahme, weil dies bedeutet, dass das Atom möglicherweise zwei verschiedene Mechanismen besitzt, durch die es zwei Photonen gleichzeitig abstrahlen kann”, erklären die Physiker.

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Sollte sich dies bestätigen, hätte dies auch einen ganz praktischen Nutzen: „Es handelt sich um weit mehr als nur eine Kuriosität“, sagt Masters’ Kollege Arno Rauschenbeutel. „Die erzeugten Photonenpaare sind nämlich quantenmechanisch verschränkt. Es gibt zwischen den zwei Photonen also die spukhafte Fernwirkung, an die Einstein nicht glauben wollte und dank derer man zum Beispiel Quantenzustände teleportieren kann.“ Damit könnten sich solche fluoreszierenden Atome dazu eignen, verschränkte Photonenpaare für quantenphysikalische Anwendungen zu erzeugen. „Dass ein einzelnes Atom sich hervorragend als Quelle für solche verschränkten Photonenpaare eignet, hätte bis vor kurzem wohl kaum jemand geglaubt, konstatieren Rauschenbeutel und Volz. Hinzu kommt, dass die Photonenpaare von Natur aus zu den Atomen passen, von denen sie abgestrahlt wurden. Das ermöglicht eine direkte Schnittstelle zwischen den Photonen und atomaren Quantenrepeatern oder Quantengattern, die für die Quantenkommunikation über große Distanzen erforderlich sind.

Quelle: Luke Masters (Humboldt-Universität zu Berlin) et al., Nature Photonics, doi: 10.1038/s41566-023-01260-7

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