Ganz schön aggressiv: Um sich durchzusetzen, hämmern Ameisen-Königinnen der Gattung Leptothorax acervorum mit den Fühlern ihren Gegenspielerinnen auf dem Kopf herum. Doch damit nicht genug ? wie deutsche Forscher herausgefunden haben, werden sie bei der Erhaltung ihrer Macht sogar durch Schlägertruppen ihrer Anhänger unterstützt.
Die
Leptothorax acervorum ist eine der häufigsten Ameisenarten der nördlichen Hemisphäre. Während die meisten Völker mehrere Königinnen besitzen, die friedlich nebeneinander Eier legen, haben
Ameisenvölker unter harten Umweltbedingungen nur ein Staatsoberhaupt. Beispielsweise in Alaska, im Norden Japans und in den Gebirgen Spaniens kann ein Volk meist nur eine Königin und deren Nachkommen versorgen und über den Winter bringen. Dennoch werden auch hier im Frühjahr mehrere Königinnen geboren und begattet ? sie müssen also um den Posten des Staatsoberhauptes kämpfen. Ein Wissenschaftlerteam um den Biologen Jürgen Trettin von der Universität Regensburg hat nun Einblicke in diesen Machtkampf bei Ameisen-Völkern in Zentral-Spanien gewonnen.
Offenbar setzen die Herrscherinnen dabei auf Gewalt: Im Kampf hacken sie mit ihren Fühlern auf ihre Rivalinnen ein. Die Siegerin wird vom Volk gehegt und gepflegt ? doch nicht nur das: Die Arbeiterinnen verteidigen nun auch die Position der jungen Monarchin gegen ihre Rivalinnen: Wo die Königin noch ihre Fühler einsetzte, gehen ihre Truppen nun mit Beißwerkzeugen auf die glücklosen Thronanwärterinnen los, beißen sie in Beine und Fühler. Sie treiben die Verliererinnen brutal aus dem Bau, einige sterben sogar infolge der tätlichen Angriffe. Die Wissenschaftler sehen in diesem Verhalten eine natürliche Regulierung ? die Arbeiterinnen unterstützen die stärkste Königin, damit diese sich schneller durchsetzen und Nachkommen produzieren kann.
Der Klimawandel könnte in Zukunft dafür sorgen, dass es zumindest unter spanischen Ameisen friedlicher zugeht. Die Höhenlagen werden ein größeres Nahrungs- und Nestangebot bereitstellen – mit friedlich nebeneinander lebenden Königinnen zweiten und dritten Ranges.
Jürgen Trettin (UNiversität Regensburg) et al.: BMC Ecology, doi: 10.1186/1472-6785-11-21 wissenschaft.de – Marion Martin