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Wir werden uns anpassen müssen

Allgemein

Wir werden uns anpassen müssen

In ihrer gesamten Geschichte ist die Menschheit mit den Ressourcen, die ihr zur Verfügung standen, großzügig umgegangen. Oft geschah und geschieht das noch heute zulasten der Umwelt. Dabei gab es immer wieder Probleme, die spätestens dann gelöst werden mussten, wenn sie sich unübersehbar vor den eigenen Türen auftürmten oder nachweislich zur Beeinträchtigung der menschlichen Gesundheit führten. Heute ist die Fragestellung aber deutlich modifiziert, denn in einer globalisierten Welt funktionieren regionale oder nationale Eigenlösungen häufig nicht mehr.

Müllhalde Atmosphäre

Genauso wie der Abfall sich früher in der Deponie türmte, lagert die Menschheit das beim Verbrennen von Kohle, Öl und Gas entstehende Treibhausgas Kohlendioxid in der Atmosphäre. Längst ist klar, dass hier Handlungsbedarf besteht. Genau wie beim Müll aus Haushalten und Industrie muss auch in diesem Kontext eine Vielzahl von Maßnahmen zur Anwendung kommen – vom Recycling bis hin zum effizienteren Einsatz von Rohstoffen.

Gelöst ist das Problem der Treibhausgase damit allerdings nicht. So gibt es auf dem Globus eben nicht nur Länder wie Deutschland, in denen jeder Einwohner statistisch zwar sehr viel Energie verbraucht, damit aber auch seine Bedürfnisse gut abdeckt. Länder wie China, Indien, Brasilien und Südafrika sind dabei aufzuholen. Dort wird der Verbrauch fossiler Brennstoffe noch viele Jahre weiter steigen, auch wenn sparsame Methoden rasch eingeführt werden. Und dann gibt es noch viele Staaten in Afrika, aber auch in Asien und Südamerika, die mit diesem Aufholprozess noch gar nicht begonnen haben. Da vor allem in diesen Ländern die Bevölkerung häufig kräftig weiter wächst, wird ihr Beitrag zu den Treibhausgas-Emissionen überdimensional steigen.

Langer Bremsweg

Vor diesem Hintergrund spielt Deutschland mit seiner leicht schrumpfenden Bevölkerung und einem aktuellen Anteil von etwa 2,5 Prozent am weltweiten Ausstoß von Kohlendioxid allenfalls eine untergeordnete Rolle. Die Weichen für den weiteren Einfluss der Menschheit auf das Weltklima werden andernorts gestellt. Die wesentlichen Entscheidungen über den Ausstoß von Treibhausgasen liegen in den Händen der „Big Five” China, USA, Indien, Russland und Japan, die zusammen für knapp 60 Prozent der globalen CO2-Emissionen verantwortlich sind. Dabei muss berücksichtigt werden, dass die aufholenden Volkswirtschaften Südamerikas und Afrikas in Zukunft mit steigenden CO2-Emissionen in diese Runde drängen werden. Beispielsweise werden die neu gefundenen großen Erdgas- und Erdölvorkommen vor der Küste Mosambiks und das große, bisher unerschlossene Kohlerevier dieses Landes mit Sicherheit genutzt werden.

Eine Einigung zur globalen Treibhausgas-Minderung wäre für sich genommen allerdings keinesfalls ausreichend. Es steht nämlich fest, dass auch die intensivsten CO2-Reduktionsmaßnahmen keine Klimastabilität garantieren können. Der Mensch kann zwar das Klima beeinflussen, aber er kann es nicht steuern und schon gar nicht kontrollieren. Das sogenannte Zwei-Grad-Ziel ist politisch gut nachvollziehbar, die tatsächliche Erreichbarkeit entbehrt aber einer wissenschaftlichen Grundlage. Denn es mag uns vielleicht gelingen, den menschlichen Einfluss auf das Klima zu reduzieren. Die damit bereits ausgelösten systemimmanenten Effekte lassen sich jedoch genauso wenig zurückholen, wie sich die natürlichen Klimafaktoren durch uns abstellen lassen.

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Wegweiser aus der Vergangenheit

Darüber hinaus wissen Geoforscher längst, dass in der Vergangenheit bereits geringere Temperaturunterschiede als zwei Grad erheblichen Einfluss auf die Gesellschaften hatten. Von Hungersnot und Revolution bis zu besseren Bedingungen für die Landwirtschaft reicht das Spektrum der historischen Erfahrungen. Die Spezialisten für das Klima früherer Zeiten gewinnen mit ihrer Forschung daher wichtige Hinweise, was die nahe Zukunft bringen könnte und wie sich damit umgehen lässt – gemäß dem Motto: Aus der Vergangenheit für die Zukunft lernen. Die Erdsystemforscher wiederum finden Zusammenhänge, die eine Anpassung an das neue Klima erleichtern können. Neben Mitigation ist daher die Anpassung an die regional sehr unterschiedlichen Auswirkungen der globalen Erwärmung von zentraler Bedeutung. Die Deutsche Akademie der Technikwissenschaften (acatech) erarbeitet deshalb zu diesem Themenkomplex eine faktenbasierte Studie mit zahlreichen Handlungsempfehlungen.

Extreme Hochwasser und Dürren

Neben Hitzewellen könnten in Mitteleuropa mit dem Klimawandel auch Überflutungen häufiger als bisher zum Problem werden. Unter Federführung des GeoForschungsZentrums analysierten Wissenschaftler in mehr als 30 Projekten daher das „ Risikomanagement extremer Hochwasserereignisse” (RIMAX): Welche extremen Hochwasser traten in der Vergangenheit auf, wie häufig können solche Überflutungen in Zukunft auftreten, wie kann man rechtzeitig vor ihnen warnen und mit welchen Maßnahmen können sich Länder und Gemeinden vor den erwarteten Hochwassern und Sturmfluten schützen?

Paradoxerweise könnte der Klimawandel zum Beispiel dem Osten Deutschlands nicht nur häufigere Hochwasser bescheren, sondern auch vermehrt lange Trockenperioden bringen und damit die Land- und Forstwirte vor erhebliche Probleme stellen. Forscher der Brandenburgischen Technischen Universität Cottbus untersuchen bereits seit vielen Jahren Möglichkeiten, mit diesen mitteleuropäischen Dürren adäquat umzugehen. Das Spektrum reicht von Methoden, mit denen Wasser besser und länger im Boden festgehalten werden kann, bis hin zum unter dem Begriff Agroforstwirtschaft zusammengefassten Landbausystem.

So werden beim integrierten Landnutzungssystem „Alley Cropping” lange Reihen von Bäumen im Abstand von wenigen Dutzend Metern gepflanzt. Da die Baumreihen selbst nur einige Meter Platz benötigen, bleibt dazwischen genügend Fläche, um Ackerfrüchte anzubauen. Weil im Windschatten der Bäume der Boden viel länger feucht bleibt, überstehen die Ackerpflanzen Trockenphasen viel besser. Pflanzt man dazu schnell wachsende Gehölze als Schutz-bäume, kann deren Holz etwa im Dreijahresrhythmus als nachhaltige Energiequelle genutzt werden.

Schwankendes Angebot

Die Forschung in Mitteleuropa weist mit solchen Projekten Wege, wie man mit dem Klimawandel und seinen bereits eingetretenen Folgen umgehen kann. Sie stellt aber auch Wegweiser für eine Energieversorgung auf, die mit deutlich geringeren Kohlendioxid-Emissionen funktioniert. Hierzu zählen vor allem die regenerative Sonnenenergie und Windkraft. Allerdings besteht bei diesen beiden Energieträgern das Problem, dass sie aufgrund ihrer Variabilität keine dauerhafte Versorgungssicherheit gewährleisten können. Es fehlen die dazu notwendigen Speicherkapazitäten. Aus diesem Grund übernehmen konventionelle Kraftwerke bisher die sogenannte Grundlast.

Für die teilweise Absicherung dieser Grundlast könnte in Zukunft das Erdinnere einspringen. Dort speichert der Planet aus seiner Entstehungszeit noch jede Menge Wärme. Diese kann Energie für Kraftwerke liefern. Auf Island und in der Toskana funktioniert das schon seit einem Jahrhundert. Dort ist das Gestein nicht weit unter der Oberfläche bereits heiß genug, um das aus der Tiefe gewonnene Wasser an der Erdoberfläche in Dampf zu verwandeln. Ähnlich wie in einem Kohlekraftwerk treibt dieser Wasserdampf eine Turbine an, die über einen Generator elektrischen Strom erzeugt. Nur emittiert ein solches Geothermie-Kraftwerk dabei kein Kohlendioxid in die Atmosphäre. Der Haken an der Sache: In anderen Regionen, zum Beispiel nördlich von Berlin, müsste man rund 6000 Meter in die Tiefe bohren, um 200 Grad heißes Gestein zu finden, das genug Wärme für eine Dampfturbine liefert. Das aber wäre zu teuer, um Strom zu konkurrenzfähigen Preisen zu liefern.

Geothermisches Kraftwerk

Aus diesem Grund untersucht das GFZ in der Nähe des Ortes Groß Schönebeck rund 50 Kilometer nördlich von Berlin, wie gut solche Geothermie-Kraftwerke mit Energie aus 4300 Meter Tiefe zurechtkommen. Solche Bohrungen sind erheblich preiswerter, und die Stromerzeugung kann dadurch unter wettbewerbsfähigen Bedingungen erfolgen. Zunächst haben der GFZ-Forscher Ernst Huenges und seine Kollegen dort im Gestein Klüfte und Spalten in 4300 Meter Tiefe erzeugt. Je mehr Spalten es gibt, umso besser kann das bereits seit Jahrmillionen vorhandene Wasser zirkulieren. Dabei wird es vom heißen Gestein auf bis zu 150 Grad Celsius aufgeheizt.

Dieses heiße Wasser fördern die Forscher dann als Flüssigkeit aus der Tiefe. An der Oberfläche verdampft das Wasser zwar, aber mit solchem Niedertemperaturdampf lässt sich kein konventionelles Kraftwerk rentabel betreiben. Um auch die geringere Energie aus weniger heißen Erdschichten für die Stromerzeugung zu nutzen, leiten die GFZ- Ingenieure das 150 Grad heiße Wasser durch einen Wärmetauscher. Dort heizt sich eine leicht siedende Flüssigkeit auf, wie zum Beispiel Pentan, deren Dampf dann eine Turbine antreibt. Um den Kreislauf zu schließen, fließt das abgekühlte Wasser mithilfe einer Injektionsbohrung anschließend wieder in die Tiefe.

DEUTschland – Begehrter Partner

Da sich ähnliche Gesteinsschichten wie unter Groß Schönebeck in vielen Gebieten unter der Norddeutschen Tiefebene finden, könnte die Geothermie in Zukunft auch an zahlreichen anderen Orten Strom liefern. Mit solchen Projekten weist die Forschung hierzulande nicht nur den Weg in eine nachhaltige Energiewirtschaft, sondern baut auch die traditionelle Vorreiterrolle weiter aus, die langfristig Wertschöpfung sichert. Denn solche Methoden lassen sich auch in andere Regionen der Welt exportieren.

Die deutsche Geoforschung zeigt, wie natürliche Ressourcen effizient genutzt werden können. In vielen anderen Projekten werden weitere Möglichkeiten entwickelt, sich an die Folgen des Klimawandels anzupassen. Deutschland wird daher ein begehrter Partner sein, wenn es gemeinsam mit den 192 anderen Ländern der Vereinten Nationen an einem Tisch sitzt, um Lösungen für die Probleme zu finden, die das sich ändernde Klima verursacht und auch immer wieder verursachen wird – sei es mit oder ohne Mitwirkung des wirtschaftenden Menschen. ■

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Wissenschaftsjournalist Tim Schröder im Gespräch mit Forscherinnen und Forschern zu Fragen, die uns bewegen:

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