Bei der Stromerzeugung mit Windenergie wird Kohle, Öl und Gas eingespart. Ist das aber auch noch der Fall, wenn die großen Energiemengen, die zur Herstellung des Materials für die Windanlage und für ihren Zusammenbau berücksichtigt werden? Mit einer so genannten Lebenszyklusanalyse lässt sich diese Frage beantworten. Sie trägt allen Energieverbräuchen und Einsparungen Rechnung: vom Bau des Windrads, über seine Betriebszeit bis zum Abriss.
Das Ergebnis kann sich sehen lassen: Die energetische Amortisationszeit liegt für Windanlagen auf Land zwischen drei und sechs Monaten je nach dem wie viel Wind an dem Standort weht und wie groß die Windmühe ist. Zukünftige Windanlagen im Meer benötigen wesentlich mehr Material, alleine schon um sie in 30 Meter tiefem Wasser zu verankern. Dafür weht der Wind auf See länger und intensiver. Deshalb müssen auch diese Windmühlen sich rein rechnerisch nur sechs Monate drehen, um die Energiemenge an Kohle, Öl und Gas wieder einzusparen, die vorher zu ihrem Bau notwendig war. Rein energetisch betrachtet sind die Windräder also sinnvoll, denn ihre Betriebszeit beträgt 20 Jahre und länger.
Betrachtet man jedoch auch die wirtschaftliche Amortisationszeit der Windanlagen, so sieht das Ergebnis nicht so gut aus wie bei der Energie: Strom aus Windenergie ist noch immer doppelt so teuer wie Strom aus Kohle. Dabei ist noch nicht berücksichtigt, dass für die Zeiten, in denen der Wind nicht bläst, Ersatzkraftwerke zur Verfügung stehen müssen. Profitabel sind die Windräder heute nur, weil das Erneuerbare-Energien-Gesetz den Betrieb der Anlagen über eine finanzielle Umlage unterstützt, die von allen Stromverbrauchern getragen wird. Im Gegensatz zur Energie tritt die wirtschaftliche Amortisation erst nach 15 Jahren ein. ■
Hermann-Josef Wagner ist Professor für Energiesysteme und Energiewirtschaft an der Ruhr-Universität Bochum. Dipl.-Ing. Rodoula Tryfonidou ist wissenschaftliche Mitarbeiterin am gleichnamigen Lehrstuhl.