Reichtum und Armut sind auf der Welt ungleich verteilt. Was ist die Ursache: die Natur – oder Unterschiede zwischen den Menschen? Der Evolutionsbiologe Jared Diamond ist überzeugt: Es sind die verschiedenen klimatischen, geographischen und biologischen Bedingungen, die den Menschen auf jedem Kontinent ein anderes Leben aufzwangen. Biologische Unterschiede zwischen den Völkern – etwa unterschiedliche Intelligenz – spielen dagegen keine Rolle. Hätte man also die Europäer Ende der Eiszeit in die Gegend der Aborigines umgesiedelt, dann wären heute sie es, die ein Dasein als Minderheit in Australien fristen müßten, während die australischen Ureinwohner den größten Teil von Eurasien, Amerika und Australien in ihrem Besitz hätten.
Seine These belegt Diamond akribisch und detailreich, indem er neue Forschungsergebnisse aus ganz unterschiedlichen Disziplinen wie Linguistik, Archäologie, Biogeographie, Humangenetik und Epidemiologie zusammenführt: Er beschreibt, wie die Kontinente ganz unterschiedlich mit domestizierbaren Tieren und Pflanzen ausgestattet waren und wie geographische Achsen die Ausbreitung von Erfindungen erleichterten oder behinderten. Das sind die wichtigsten Faktoren, die den Lauf der jüngsten Menschheitsgeschichte geprägt haben und zwangsläufig zu einer erheblich schnelleren Entwicklung auf dem eurasischen Kontinent führten. Dabei räumt Diamond ein, daß auch einzelne Persönlichkeiten und Eigenheiten von Kultur und Religion den Lauf der Geschichte beeinflußt haben.
Was das Buch spannend macht, ist die lebendige Schilderung historischer Ereignisse – allerdings nur, wenn man nicht durch die zwischengestreuten sehr wissenschaftlich gehaltenen Passagen auf der Lesestrecke bleibt.
Jared Diamond ARM UND REICH Die Schicksale menschlicher Gesellschaften S. Fischer Frankfurt am Main 1998 528 S., DM 58,-
Ute Kehse / Jared Diamond