Schwere Erdbeben in Akrotiri waren Warnung genug. Die Bewohner rafften ihr Hab und Gut zusammen und machten sich auf und davon. Einige Zeit später explodierte der Vulkan von Thera. Erst regnete es Asche und Steinbrocken, dann ergossen sich heiße Gas- und Schlammströme über die Insel ins Meer. Die gewaltige Eruption erfasste die ganze Region: Flutwellen schwappten über die Ägäis, Aschewolken zogen bis nach Kleinasien. Meterdick bedeckte Asche die Straßen von Akrotiri, drückte Hausdächer ein – und konservierte die minoische Bronzezeitsiedlung für mehr als dreieinhalb Jahrtausende.
Seit den 1960er-Jahren graben Archäologen in dem „griechischen Pompeji”. Die Funde dort konnten sie gut mit Objekten auf Kreta und dem griechischen Festland verknüpfen und so den Zeitpunkt der Eruption bestimmen: Am Ende der sogenannten Spätminoisch-IA-Phase muss es gekracht haben. Doch welche Jahre umspannte diese archäologische Phase?
Archäologen kamen über Umwege zu ihren Zahlen: zum Beispiel mithilfe ägyptischer Steingefäße. Die fanden sie in mykenischen Fürstengräbern, angelegt nach dem Vulkanausbruch. Die Regierungszeiten der Pharaonen lieferten Jahreszahlen für die exotischen Luxusbehälter – und den Vulkanausbruch: Er ereignete sich zu Beginn des Neuen Reichs, um 1550 bis 1540 v.Chr. So lautete das Fazit der Archäologen bis in die 1980er-Jahre – dann ergaben C14-Datierungen etwas ganz anderes. Demnach brach Thera 100 bis 150 Jahre früher aus – und 3600 Jahre später ein langer Streit unter Altertums- und Naturwissenschaftlern. C14-Experten wie Sturt Manning von der Cornell University und Bernd Kromer von der Universität Heidelberg, die Funde unter der Asche Akrotiris untersucht haben, bestätigten jüngst: Irgendwann zwischen 1630 und 1600 v.Chr. hat der Vulkan gespuckt. Doch die Archäologen halten dagegen – mit den ägyptischen Steingefäßen aus Griechenland, die vom Beginn des Neuen Reichs stammen sollen. Für diesen Zeitpunkt haben C14-Forscher 2010 allerdings ein neues Datum bestimmt: 1570 v.Chr. Was heißt das für die Minoische Eruption? Felix Höflmayer vom Deutschen Archäologischen Institut betont, dass sich damit immerhin die archäologische und die naturwissenschaftliche Chronologie auf 30 bis 50 Jahre angenähert habe.