Einen nur drei Milliarden Jahre alten Galaxienhaufen, der erstaunlich weit entwickelt ist, hat ein Astronomenteam um Raphael Gobat von der Universität Paris Diderot gefunden. Die Forscher entdeckten den Haufen CL J1449+0856 mit dem Infrarot-Weltraumteleskop Spitzer. Das Hubble-Weltraumteleskop, die Subaru- und Keck-Teleskope auf Hawaii sowie das Very Large Telescope der Europäischen Südsternwarte in Chile nahmen den Haufen dann genauer ins Visier. Dadurch konnten die Forscher seine Distanz und sein Alter abschätzen. Ergebnis: Der viele Milliarden Lichtjahre ferne Haufen erscheint uns so wie er war, als das Universum nur drei Milliarden Jahre alt war. Heute sind 13,7 Milliarden Jahre seit dem Urknall vergangen. Zwar kennen Astronomen fernere und jüngere Galaxienhaufen, aber CL J1449+0856 ist etwas Besonderes: Er zeigt keine Anzeichen heftiger Sternbildung, sondern besitzt rötliche Elliptische Galaxien mit mindestens einer Milliarde Jahre alten Sternen. Alle anderen bekannten Galaxienhaufen in dieser Distanz befinden sich noch in einer Entwicklungsphase, bei der viele neue Sterne entstehen. Doch CL J1449+0856 hat sein feuriges Jugendstadium anscheinend bereits hinter sich. Auch Röntgenaufnahmen sprechen dafür, dass der Haufen mit einer Gesamtmasse von 50 bis 80 Milliarden Sonnen bereits „erwachsen” ist. Das Weltraumteleskop XMM-Newton maß Röntgenstrahlung aus dem Bereich zwischen den einzelnen Galaxien, hauptsächlich in der zentralen Region. Die Strahlung stammt von intergalaktischen Gaswolken, die mehrere Millionen Grad Celsius heiß sind.
„Unsere Entdeckung zeigt, dass ausgewachsene Galaxienhaufen bereits existierten, als das Universum nicht einmal ein Viertel so alt war wie heute”, sagt Raphael Gobat. „Dem kosmologischen Standardmodell zufolge sind solche Galaxienhaufen sehr selten. Wenn noch viel mehr davon entdeckt werden sollen, müssten wir über die Frühzeit des Universums neu nachdenken.”