Murphys Gesetz Jedem ist so was schon passiert: Eine unachtsame Bewegung beim Frühstück und schon schlittert das Toastbrot über den Tischrand. Pessimisten ist die Konsequenz klar: Die Brotscheibe klatscht natürlich mit der beschmierten Seite auf den Teppich. Das ist für fatalistische Gemüter aber nur ein Spezialfall von Murphys Gesetz, benannt nach einem amerikanischen Flugzeugingenieur. Die allgemeinste Form von Murphys Gesetz lautet: “Alles was schief gehen kann, wird auch schief gehen.” Ist etwas dran an dieser Regel? Zumindest für abstürzende Toastscheiben trifft sie zu. Versuchsserien an der Frauenuniversität von Mississippi in Columbus ergaben, daß das Brot in 80 Prozent der Fälle auf die Butterseite fällt. Stürzt das Brot nicht vom Tisch, sondern von einer drei Meter hohen Leiter, ist die Wahrscheinlichkeit, den Teppich zu ruinieren, fifty-fifty. Dieses Paradoxon ist mit drei kulturellen Parametern zu erklären: der durchschnittlichen Höhe von Tischen, der üblichen Kantenlänge von Toastscheiben und der Tatsache, daß das Toastbrot vor dem Absturz in der Regel mit der Butterseite nach oben auf dem Tisch liegt. Der Rest ist einfache Physik: Das Brot rotiert nie so schnell, daß es bei einer Fallhöhe von 75 Zentimetern eine vollständige Drehung schafft, um wieder auf der Unterseite zu landen. Wer solch ein Mißgeschick verhindern will, hat folgende Möglichkeiten: An drei Meter hohen Tischen speisen, Toasts mit einer Kantenlänge von 2,5 Zentimetern essen oder das Brot mit der Butterseite nach unten auf den Tisch legen. Viel Glück!
Forschen im freien Fall
Die Gravitation ist für manche Forscher ein rechtes Ärgernis, denn die Schwerkraft ist unerbittlich präsent. Sie läßt sich nicht abschirmen und auf der Erde nur mühsam kompensieren. Für einige wissenschaftliche Untersuchungen bleibt nur die Flucht in die Schwerelosigkeit. Je nach Geldbeutel und Art des Experiments stehen mehrere Möglichkeiten zur Wahl: In einem Fallturm erhascht man wenige Sekunden ohne Schwerkraft, in einer Rakete oder einem Flugzeug auf einer Parabelbahn immerhin einige Minuten. Am teuersten ist die Forschung im Weltraum – dafür dürfen die Experimente auf einer Raumstation wie der MIR oder der neuen ISS sogar mehrere Monate am Stück dauern. Ein Paradebeispiel für die Forschung im All ist die Züchtung von Proteinkristallen. Aids- und Krebsforscher sind zum Beispiel an der detaillierten Form großer Eiweißmoleküle interessiert, um Medikamente maßschneidern zu können. Der Schlüssel zur Struktur liegt in der Röntgenanalyse großer regelmäßiger Kristalle des Proteins. Auf der Erde funkt die Schwerkraft dazwischen – die einzelnen Moleküle lagern sich zu schnell und zu unregelmäßig an. Andere Beispiele für die Forschung in der Schwerelosigkeit sind die Untersuchung von Verbrennungsvorgängen, die Frage, wie sich verschiedene Komponenten einer Legierung durchmischen und welche Abschnitte des Zellwachstums von der Gravitation abhängen.
Dellen in Normalnull
Der Oberfläche der Ozeane sieht man an, ob ein paar Kilometer darunter auf dem Meeresgrund Berge oder Täler liegen. Die Erde ist nämlich keine glatte Kugel, und ihr Schwerefeld ist auch nicht gleichmäßig. Jeder Berg auf dem Meeresboden verstärkt die Gravitation und zieht die Wasseroberfläche nach unten, während über den tiefen Schluchten die Schwerkraft geringer ist und der Meeresspiegel etwas höher liegt. Die resultierenden Schwankungen im Meeresspiegel sind beträchtlich: Bis zu 100 Meter weicht er an manchen Stellen von der idealen Oberfläche ab, wobei dieser Effekt durch die Beschaffenheit des Gesteins kompensiert werden kann. Über dem mächtigen mittelozeanischen Rücken, wo flüssiges Magma nach oben steigt, ist die Anziehung trotzdem nicht größer. Der US-Satellit Geosat hat seit 1985 die Schwankungen des Meeresspiegels vermessen und genaue Karten vom Meeresboden geliefert. Einen anderen Weg will ein Satellitenexperiment gehen, das im Jahr 2001 die Arbeit aufnimmt. GRACE (Gravity Recovery And Climate Experiment) wird das Schwerefeld der Erde aus dem Weltraum vermessen, um daraus mehr über Meeresströmungen, Grund-wasserschwankungen und die Bewegung der Kontinente zu erfahren.
Krank ohne Schwerkraft
So drückend die Anziehung der Erde an manchen Tagen auf uns lastet – unser Körper hat sich darauf eingestellt. Deshalb laufen manche Funktionen nicht mehr reibungslos, wenn die gewohnte Schwerkraft fehlt. Astronauten können ein Lied davon singen: In den ersten Tagen ihres Weltraumaufenthalts werden sie oft von einer Art kosmischer Reisekrankheit heimgesucht. Schwindel, Übelkeit und kalter Schweiß plagen sie genau wie viele irdische Reisekranke. Hinzu kommen oft noch Schwankungen im Herzschlag und unkontrolliertes Augenzittern. Die akuten Beschwerden klingen nach einigen Tagen ab. Trotzdem hat der Körper noch mit der ungewohnten Situation zu kämpfen. Zwei Liter Flüssigkeit wandern von den Beinen in Richtung Kopf und belasten den Kreislauf. Auf der Erde sind die Muskeln ständig gespannt, um das Skelett aufrecht zu halten, bei jeder Bewegung muß das Körpergewicht überwunden werden. Diese Anforderung fällt in der Schwerelosigkeit weg – der Körper reagiert mit Muskel- und Knochenabbau. Besonders für längere Weltraumaufenthalte kann das kritisch sein: In den ersten vier Wochen verliert ein Astronaut bis zu 20 Prozent seiner Beinkraft und ein Zehntel seines Knochengewebes.
Abnehmen ohne Diät
Gehören Sie zu den Menschen, deren banger Blick jeden Morgen der Anzeige auf der Waage gilt? Hier einige Tips, um ihrer Waage auch ohne Diät und schweißtreibenden Sport ein Schnippchen zu schlagen: Wiegen Sie sich so nah wie möglich am Äquator! Die Erde ist nicht perfekt kugelförmig, sondern wegen der Erdrotation etwas abgeplattet. Sie zieht uns deshalb an den Polen stärker an als am Äquator. Bei einer Person, die am Nordpol 75 Kilogramm wiegt, macht das immerhin ein halbes Kilogramm aus. Hinzu kommt die Auswirkung der Erdrotation. Am Äquator sausen Sie nämlich mit 1674 Kilometern in der Stunde um die Erdachse und werden nach außen geschleudert. Macht nochmal ein halbes Kilo. Wiegen Sie sich so hoch wie möglich! Die Erdanziehung nimmt mit der Höhe über dem Meeresspiegel ab, und zwar um etwa 0,0003 Prozent pro Höhenmeter. Auf dem 5895 Meter hohen Kilimandscharo zeigt Ihre Waage – falls sie so genau geht – rund 100 Gramm weniger an. Gehen Sie in die Luft! Wiegen Sie sich in einem Flugzeug in zehn Kilometer Höhe und zwar am besten über dem Marianengraben. Dort ist die Gravitation am kleinsten, denn der Graben schneidet sich 11000 Meter tief in den Boden des Pazifischen Ozeans, und Wasser hat eine geringere Dichte als Fels. So können Sie Ihre Waage mindestens noch um 100 Gramm betrügen. Wiegen Sie sich bei Neumond! Sonne und Mond ziehen beide mit ihrer Gravitationskraft an der Erde, also auch an Ihnen. Bei Neumond stehen die beiden Himmelskörper in einer Linie mit der Erde, und der entlastende Effekt ist besonders groß. Der beste Zeitpunkt ist, wenn Erde, Mond und Sonne relativ nah zusammen sind, wie es gerade in diesem Sommer zur Zeit der Sonnenfinsternis der Fall war. Summa summarum bringen die kosmischen Effekte noch einmal ein Gramm. Bevor Sie jetzt allerdings Flugpläne, Atlanten und astronomische Tafeln wälzen, sollten Sie sich den Unterschied von Gewicht und Masse vergegenwärtigen. Die Waage zeigt nämlich leider nur Ihr Gewicht an – und das kann von Ort zu Ort verschieden sein. Doch Ihre Masse – und genau das sind Ihre überschüssigen Pfunde – ist überall im Universum gleich.
Gestörter Empfang
Die Relativitätstheorie – eine Sache für Grundlagenforscher und Astrophysiker? Ein Gegenbeispiel ist das Global Positioning System (GPS). Mit diesem hochgenauen System zur Posi-tionsbestimmung navigieren Flugzeuge, Schiffe und Autos, und auch der technophile Wanderfreund hat seinen Kompaß gegen einen kleinen GPS-Empfänger getauscht. Das Prinzip ist einfach: Ein Schwarm von 24 Satelliten umkreist in rund 20000 Kilometern Höhe die Erde und funkt unablässig Signale zum Boden. Jedes Signal enthält genaue Informationen darüber, wann und von wo es ausgesandt wurde. Das Empfangsgerät weiß also, wie lange die Informationen mit Lichtgeschwindigkeit vom Sender zu ihm unterwegs waren, kann so die Entfernung ermitteln und letztlich seine eigene Position berechnen – bis auf wenige Meter genau.
Die Funksignale breiten sich mit 300000 Kilometern pro Sekunde aus. Wird die Laufzeit auch nur um eine millionstel Sekunde falsch gemessen, verrechnet sich der Empfänger um 300 Meter. Deshalb müssen auch die Auswirkungen der Relativitätstheorie bedacht werden. Zum einen bewegen sich Sender und Empfänger relativ zueinander – ihre Uhren gehen also unterschiedlich. Außerdem befinden sich Satellit und GPS-Gerät an verschiedenen Punkten des Schwerefeldes der Erde. Der Raum wird durch dieses Feld gekrümmt und verändert den Weg des Signals. Zusätzlich drehen sich Sender und Empfänger wegen der Erdrotation relativ zueinander. Hierdurch entsteht ein weiterer Fehler, der Sagnac-Effekt genannt wird. Und es spielt noch eine Rolle, daß die Satelliten nicht exakte Kreisbahnen beschreiben und deshalb verschiedene Stärken des Gravitationsfeldes spüren, das außerdem etwas von der idealen Kugelform abweicht. Unter dem Strich sorgen die Auswirkungen der Relativitätstheorie für einen Gesamtfehler von rund 30 Metern – viel mehr als die erwünschte Genauigkeit. Glücklicherweise lassen sich die relativistischen Fehler genau berechnen und korrigieren.
Daniel Münter