Wie gehen Sie dagegen vor?
Wir versuchen den Menschen eine Alternative zu bieten. Wir – unsere Elektriker und Metallbearbeiter – haben 2012 eine Weltneuheit entwickelt. Einen elektrischen Solarkocher, der mit Sonnenstrom funktioniert und den Strom in einer Batterie speichert. Und darauf sind wir sehr stolz! Das haben Madagassen entwickelt und keine Weißen, auf die wir warten müssen, bis sie uns die Technologie bringen. Das hat unter den Leuten zu einer richtigen Euphorie geführt.
Das ist aber nicht alles, wie ich aus Ihrem Vortrag bei der Freiburger Umweltpreisträgerkonferenz weiß …
Richtig. Wir haben schon vor Jahren den Energiesparofen OLI entwickelt, für den man weniger Brennstoff braucht. Wir haben dazu mit Tonerde, Bananenschalen oder Zitrusfrüchten experimentiert und inzwischen eine Mixtur entwickelt, die aus Tonerde, Reisspelzen, Asche und Sand besteht. Die Zusammensetzung ist streng geheim. Diese Mixtur bringen wir in Form, alles Handarbeit, alles vor Ort – und brennen sie in Hochöfen. Dazu haben wir eine Art Blechgerüst als Halterung entwickelt, das wir ebenfalls selbst herstellen. Und darin können die Menschen jetzt Holz oder Holzkohle zum Kochen nutzen. Wir wollen sie derzeit dazu bringen, nicht mehr mit Holzkohle, sondern mit Holz zu kochen. Dazu muss man wissen, dass die meisten Menschen in Madagaskar – vier Millionen Haushalte – mit Holzkohle kochen. Allein durch die Köhlerprozesse wird aber bis zu zehnmal mehr Holz gebraucht.
Gibt es neben der Rückkehr zu Holz noch andere Fortschritte bei Ihrer Arbeit?
Ja, wir wollen nicht nur weniger Holz verbrauchen, sondern möglichst bald gar keines mehr, um den Wald zu schützen. Im Moment sind wir mit einem madagassischen Biologen dabei, sogenannte Bio-Bouls zu entwickeln. Die werden wie eine Teigmasse in großen Kübeln aus Bananen- und Kokosnussschalen, Steppengras, Holzkohle- und Blutresten aus einer Schlachterei sowie Maniokabfällen aus einer Fabrik mit etwas Wasser vermischt und zu kleinen Ballen – eben den Bouls – geknetet und getrocknet. Unser Projektleiter ist allerdings noch nicht zufrieden, weil man dazu Blut- und Maniokreste braucht, die man auch an Tiere verfüttern könnte.
Haben Sie denn eine Alternative?
Im Hochland von Madagaskar gibt es Weideflächen mit Zebu-Rindern, dort wird einmal im Jahr vor der Regenzeit das Steppengras abgebrannt. Dieses Gras wollen wir nutzen. Unser Ziel ist es, die Bauern dafür zu gewinnen, das Steppengras zu schneiden und uns säckeweise zu verkaufen – und daraus wollen wir Pellets machen. Das ist dann ein Stoff, der sowieso verbrannt werden würde – und mit dem die Familien dann vollkommen umweltfreundlich kochen könnten.
Wie wird denn Ihre Kocher angenommen?
2013 haben wir insgesamt 17.000 Öfen verkauft – 2000 Solarkocher und 15.000 konventionelle Energiesparöfen. Die Energiesparöfen kosten je nach Größe zwischen 4 und 10 Euro, der Solarkocher 15 Euro. Bei einem normalen Verdienst von 40 bis 70 Euro im Monat ist das für die Leute immer noch viel. Mit Gas zum Beispiel können in Madagaskar wirklich nur die reichen Leute kochen – und Elektroherde wie bei uns gibt es überhaupt nicht.
Ihre Ziele und Ihr Projekt haben Sie auf dem Freiburger Convent vorgestellt. Wie haben die Teilnehmer darauf reagiert?
Entscheidend ist etwas anderes: Ich habe hier in Freiburg Ramesh Kumar Nibhoria aus Indien kennengelernt. Er hat eine Maschine entwickelt, mit der man aus Biomasse Pellets pressen kann. Wir haben gestern eine Stunde zusammen gesessen, weil diese Maschine wahrscheinlich genau das kann, was wir brauchen: das Steppengras zu brauchbaren Brennstoff pressen. Ramesh will schon bald zu uns nach Tulèar in Madagaskar kommen. Dann sehen wir weiter.
Gibt es denn bisher keine vergleichbare Maschine?
Das schon. Aber nicht zu den Konditionen. Die Maschine von Ramesh kostet rund 20.000 Euro, in der Schweiz gibt es vergleichbare Pelletgeräte – die kosten aber mehr als das Doppelte.
Das heißt, das Zusammentreffen der Preisträger ist für Sie eine gelungene Sache…
Dieser Austausch ist für mich Gold wert – und absolut bereichernd: In unserer täglichen Arbeit sind wir meist alleine und auf uns gestellt. Diese Veranstaltung hier ist für mich der Ort, an dem ich nicht nur für das Thema Kochen neue Partner finde, sondern aus allen Bereichen mit Aktivisten zusammentreffe, die unseren Planeten schützen wollen. Ich lerne Projekte und Ideen kennen – selbst Möglichkeiten des Fundraisings.
Sind Sie das erste Mal bei diesem Treffen dabei?
Nein, schon das dritte Mal. Inzwischen habe ich auch zu einigen Teilnehmern direkt Kontakt, so dass wir uns zwischen den Treffen gegenseitig informieren und über Neuheiten austauschen.
Haben Sie bestimmte Erwartungen an diese Veranstaltung?
Meine Hoffnung wäre, dass wir von hier aus gemeinsam Aktionen anstoßen können. Und damit meine ich nicht nur eine gemeinsame Deklaration, sondern konkrete Aktionen.
(Während des Gesprächs kommt Ramesh Kumar Nibhoria dazu.)
Herr Nibhoria, wir sprechen gerade über Sie und die Möglichkeit gemeinsamer Projekte.
Nibhoria ( lacht und setzt sich): Ja, wir können hier in Freiburg viel voneinander lernen. Ich bin auch nicht zum ersten Mal hier. Vergangenes Jahr habe ich Aktivisten aus Nepal getroffen. Zu denen reise ich nach dieser Veranstaltung, weil sie von mir ebenfalls die Pelletmaschine haben wollen. Danach fahre ich nach Eritrea – zu Debesai Ghebrehiwet Andegegergish, den ich gestern kennen gelernt habe. Das sind alles tolle Menschen, die in der Praxis arbeiten und in einer Regierungsstube. Das sind lauter Leute, die wissen, worum es geht.
Was wünschen Sie sich von der Freiburger Veranstaltung?
Ochsner: Eigentlich bräuchten wir noch mehr Zeit, um uns unter uns auszutauschen. Gestern habe ich gedacht, dass ich im nächstes Jahr einen unserer Öfen mitbringe, damit jeder sehen kann, wie der funktioniert – einen energiesparenden und einen Solarofen. Dann kann ich viel besser zeigen, was wir genau machen. Ich weiß, dass das alles wieder Kosten verursacht, aber das bringt letztlich viel mehr Anschauung.
Nibhoria: Ich habe keine weiteren Erwartungen. Ich bin sehr zufrieden und komme nächstes Jahr wieder. Vielleicht haben wir nächstes Jahr weitere Projekt in Nepal, Eritrea oder Madagaskar laufen. Darüber können wir dann berichten und wieder neue Teilnehmer ansprechen.
Das Gespräch führte Horst Hamm.
Regula Ochsner ist die Gründerin und Geschäftsführerin der Schweizer NGO Association pour le Développement de l’Energie Solaire (ADES).
Ramesch Kumar Nibhoria ist Ingenieur und Unternehmer aus Punjabi. Er entwickelt Biomasse-Öfen und Biomasse-Pelletanlagen.
Foto: ADES; Horst Hamm