Evolution ist plan- und ziellos. Sie führt nicht zwangsläufig zu höherentwickelten Lebewesen. Der Homo sapiens ist ein Versuch der Natur, der auch in einer Sackgasse enden kann – und vermutlich wird. Alles schon mal gehört? Gut möglich, denn diese Thesen von Franz Wuketits sind schon von anderen ähnlich formuliert worden.
Was das Buch des österreichischen Philosophen und Biologen trotzdem lesenswert macht, ist sein bekennend subjektiver Blickwinkel. Wuketits macht klar: Naturwissenschaft besteht nicht nur aus Fakten – wichtig ist die Perspektive, aus der man sie betrachtet. Ein Beispiel: Stammbäume, die die Entwicklungsgeschichte des Lebens beschreiben, erwekken den Eindruck, daß höhere Lebewesen prinzipiell später als niedere auftreten. Schaut man aber speziell die Parasiten an, so fällt auf, daß sie genau den umgekehrten Weg gegangen sind – ihr Körper besteht, auf Grund ihrer vom Wirt abhängigen Lebensweise, oft nur noch aus Geschlechts- und Freßorganen.
Vielfältig belegt Wuketits, wie sich seit dem Aufkommen des Evolutionsgedankens im 19. Jahrhundert biologische, religiöse und sozialgeschichtliche Ideen ständig gegenseitig beeinflußt haben. Entscheidend wendet er sich gegen die Auffassung, daß Evolution gleichzeitig Fortschritt bedeutet. Und er scheut sich nicht, seine desillusionierende Interpretation der biologischen Evolutionstheorie auf die menschliche Kulturgeschichte und Gesellschaft zu übertragen.
Franz M. Wuketits NATURKATASTROPHE MENSCH Patmos Düsseldorf 1998 280 S., DM 39,80
Frank Frick / Franz Wuketits