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Mikrowellen fürs Militär

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Mikrowellen fürs Militär

Es klingt wie praktizierter Humanismus: Nichttödliche Energiewaffen könnten bei militanten Demonstrationen, Geiselnahmen oder Friedenseinsätzen in einem Bürgerkrieg die Angreifer unblutig ausschalten und zudem verhindern, dass Unschuldige sterben (bild der wissenschaft 05/2004, „Sanfter Kampf”). Schon lange basteln Militärforscher an dieser Vision. Jetzt ist sie technische Realität: Auf der Moody Air Force Base im Bundesstaat Georgia stellte das US-Militär die erste nichtletale Hochenergiewaffe vor.

Die Mikrowellenkanone „Sheriff” erhitzt die Haut des Getroffenen auf 50 bis 55 Grad Celsius und löst dadurch Schmerzen aus – ein heftiges Brennen, als ob man urplötzlich einen starken Sonnenbrand hätte. Wie sich das anfühlt, erfuhren zehn amerikanische Reporter am eigenen Leib. Freiwillig stellten sie sich auf der Luftwaffenbasis ins Schussfeld des Mikrowellenstrahlers. Als er aktiviert wurde, zwang das die Journalisten – auch wenn keiner von ihnen verletzt wurde – sofort in die nächste Deckung. In gleicher Weise soll der Sheriff in Krisengebieten Angreifer vertreiben.

Doch sogenannte sanfte Waffen sind schon mehr als einmal in die Kritik geraten. Zum Beispiel 2002, als tschetschenische Kämpfer in ein Moskauer Musical-Theater eindrangen und die Besucher als Geiseln nahmen. Die russischen Sicherheitsbehörden entschieden sich für den Einsatz des Narkosegases Fentanyl, um die unter 800 Theaterbesuchern versteckten 50 Terroristen auszuschalten. Doch die „sanfte Waffe” erwies sich als durchaus tödlich: 129 Geiseln starben bei der Befreiungsaktion, vor allem durch Überdosierung des Gases.

Auch bei der neu vorgestellten Mikrowellenwaffe befürchten Kritiker Gefahren. Laut einem Bericht des Bundesamtes für Strahlenschutz kann es bei längerer Erhöhung der Körpertemperatur um mehr als ein Grad zu massiven Stoffwechselstörungen und zu Blutdruckabfall bis zum Kreislaufkollaps kommen. Bei Organen und Geweben, die nur schwach durchblutet sind, verursacht manchmal bereits eine lokale Erwärmung bleibende Schäden, da dort die zugeführte Wärme schlechter abgeleitet wird. Besonders gefährdet sind die Augen. „Wenn eine hohe Temperatur längere Zeit auf das Auge einwirkt, kann die Überwärmung zur Trübung der Hornhaut und zum Einsprossen von Gefäßen führen, also zu den typischen Symptomen eines Grauen Stars”, erläutert die Fachärztin Beathe Bohl von der Augenklinik der Universität Greifswald. Für eine Temperatur von 50 Grad Celsius sei das Auge einfach nicht gemacht.

Um medizinische Bedenken auszuräumen, hat die US-Armee die Waffe nach eigenem Bekunden an 10 000 Menschen erprobt. Bei den Mikrowellenkanonen im fortgeschrittenen Entwicklungsstadium sei es nie zu Verletzungen gekommen, die einer medizinischen Behandlung bedurft hätten. Die Strahlung dringe nur 0,4 Millimeter in die Haut ein, sodass keine bleibenden Schäden zu befürchten seien – zum Vergleich: In einem Haushalts-Mikrowellenherd erhitzt die Strahlung das Kochgut bis in 2 Zentimeter Tiefe. Allerdings können die US-Militärforscher nicht garantieren, dass Menschen in kritischen Situationen – etwa im Gedränge einer Demonstration – rechtzeitig aus dem Strahlungsfeld eines Sheriffs herauskommen, um örtlichen Überhitzungen zu entgehen.

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Spätestens 2010 sollen Sheriffs, montiert auf Armee-Jeeps, beispielsweise auf irakischen Straßen patrouillieren. „Die Mikrowellenkanone stellt eine dringend benötigte Alternative zur bisherigen Vorgehensweise in Krisengebieten dar”, sagt Colonel Kirk Hymes, Direktor des Entwicklungsprogramms für nicht-tödliche Waffen im Pentagon. Denn bisher hätten die Soldaten keine andere Wahl, als nach dem Warnruf sofort scharf zu schießen. Nadine Eckert ■

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