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medinfo Schwerpunkt: Wege aus der Welt der Stille

Allgemein

medinfo Schwerpunkt: Wege aus der Welt der Stille

Je früher Schwerhörigkeit bei Kindern erkannt wird, um so größer sind die Chancen einer Therapie – entweder mit inzwischen kaum mehr sichtbaren Hörgeräten oder Innenohr-Prothesen, sogenannten Cochlear-Implantaten. Schwerhörigkeit ist nicht nur ein medizinisches Problem. Hörstörungen, vor allem, wenn sie seit der Kindheit bestehen, hemmen auch die Entwicklung der Sprachfertigkeit und die der ganzen Persönlichkeit: “Gehörlose Menschen sind mißtrauisch. Sie nehmen nicht am sozialen Leben teil, sprechen kaum, haben keinen Zugang zur Bildung.” So beschreibt Prof. Rainer Klinke, Leiter des Physiologischen Instituts III der Universität Frankfurt/Main, das Leben in der Welt der Stille.

Obwohl die frühe Diagnose Entwicklungsstörungen verhindern kann, sind Kinder im Durchschnitt drei Jahre alt, wenn ihre Eltern auf stärkere Hörschäden aufmerksam werden. “Zu spät”, meint Prof. Thomas Lenarz, Direktor der Hals-Nasen-Ohren-Klinik der Medizinischen Hochschule Hannover. Damit sich ein schwerhöriges Kind seinen Fähigkeiten entsprechend entwickele, müsse die Therapie im ersten Lebensjahr beginnen. Doch je jünger die Kinder sind, desto schwieriger ist es für die Eltern, deren verminderte Hörleistung zu erkennen. Bei einem Drittel ist die Schwerhörigkeit angeboren, bei den anderen ist sie die Folge von Infektionen oder Verletzungen. Zur Zeit wird zweigleisig nach Hörschäden gesucht: Kurz nach der Geburt mit einem Test auf sogenannte otoakustische Emissionen (OAE), ab dem sechsten Monat mit Fragebögen, um Verhaltensauffälligkeiten aufzuspüren.

Beim OAE-Test wird geprüft, ob die Sinneszellen des Innenohrs auf ein Klickgeräusch hin ein Echo aussenden. Beim Gesunden ist das Echo ein Zeichen dafür, daß die Zellen des Innenohrs durch den akustischen Reiz angeregt werden. Der Test hat sich an den Universitätskliniken Hannover und München als leicht anwendbar und zuverlässig erwiesen. Noch ist allerdings unklar, ob die Krankenkassen ihn als Teil der Routineuntersuchungen finanzieren.

Sparen würden sie damit die dreifach höheren Kosten für heilpädagogische Erziehung und Therapie der Spätfolgen des Hörschadens. Denn die Chancen, daß früh erkannte Hörstörungen mit medizintechnischer Hilfe ausgeglichen werden, sind groß: Schallverstärker können Schwerhörigen helfen, und für Kinder ohne jedes Hörvermögen – rund 1600 Babys kommen in Deutschland jährlich taub zur Welt – gibt es ab einem Alter von etwa einem Jahr ein Cochlear-Implantat, sofern der Hörnerv intakt ist. Während die ersten Innenohrprothesen noch recht grob waren, sorgen heute 22 Platindrähte dafür, daß eine große Bandbreite von Schallwellen zum Hörzentrum des Gehirns weitergeleitet wird.

Das Hören mit einem solchen Implantat muß unter pädagogischer Anleitung gelernt werden. Das Sprachverständnis und die Entwicklung selbst taub geborener Kinder unterscheidet sich dann kaum von dem gesunder Altersgenossen.

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medinfo Kontakt

Prof. Thomas Lenarz Medizinische Hochschule Hannover Direktor der Klinik für Hals-Nasen-Ohrenkunde Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover Tel: 0511 – 5324932

Bundesgemeinschaft der Eltern hörgeschädigter Kinder Pirolkamp 18 22397 Hamburg Tel: 040 – 6070344 (täglich ab 14 Uhr)

medinfo Medien

Buch Annette Leonhardt (Hrsg.) Das Cochlear-Implantat bei Kindern Ernst Reinhardt Verlag München 1997, DM 32,- Ursula Bircher-Müller Der schwerhörige Patient Medizin Verlag München 1997, DM 34,- Barbara Cramer Verhaltenstherapeutisches Training für fehlhörige Kinder DGVT-Verlag, Tübingen 1990, 2 Bände, DM 48,-

Nicola Siegmund-Schultze

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