Das Reich der Kuschan war eines der größten Herrschaftsgebiete der Spätantike. Es erstreckte sich vom Aralsee bis zum Golf von Bengalen. Weil es nur rund 200 Jahre existierte, ist es heute weitgehend unbekannt. Seine größte Ausdehnung erreichte der Machtblock um 128 n.Chr., zur Zeit des römischen Kaisers Hadrian. Die Reichsgründer waren No- maden, die Vorläufer der Hunnen aus Nordwestchina nach Zentralasien verdrängt hatten.
Am mittleren Oxus (heute: Amudarja) ließen sich die Kuschanfürsten nieder und eroberten Baktrien, das heutige nördliche Afghanistan. Dort kam das Nomadenvolk mit dem Erbe Alexanders des Großen in Berührung, der die Region zwischen 329 und 327 v.Chr. erobert hatte.
In Baktrien war das griechische Alphabet gebräuchlich, die Kuschan übernahmen die Schriftzeichen. Auch die Münzprägung in dem jungen Reich trug hellenistische Merkmale mit griechischer Schrift und Herrschergestalten im Stil Alexanders.
Von Baktrien dehnten die Kuschan ihr Territorium zunächst über den Hindukusch nach Süden aus. In dieser Phase ließen sie sich auch in Mes Aynak nieder. Wenig später regierte der Kuschankönig Kanishka ein Reich, das sich über weite Teile Zentralasiens erstreckte. Unter dem Druck der persischen Sassaniden fiel es im 3. Jahrhundert rasch wieder zusammen. Lokale Kuschanfürsten sind bis ins 5. Jahrhundert n.Chr. belegt.