Eines der großen Geheimnisse der Natur sind die vor 83 Jahren von Einstein vorausgesagten Gravitationswellen. Allen Anstrengungen zum Trotz konnte dieses theoretisch wohlbegründete Wispern des Weltalls bisher nicht direkt nachgewiesen werden. Jetzt blasen Gravitationsforscher zum Halali. Mit den Detektoren Ligo und Virgo, Tama 300 und Geo 600 wollen sie in den nächsten Monaten jene Wellen nachweisen, die Raum und Materie wie Erdbebenwellen durchdringen, ohne dabei nennenswert abgeschwächt zu werden. Welchen kriminalistischen Spürsinn Forscher dafür bemühen, beschreibt Rüdiger Vaas in seinem Teilbeitrag zur Titelgeschichte ab Seite 52. Der offenbar unmittelbar bevorstehende Nachweis der Gravitationswellen veranlaßte die bdw-Redaktion, die wichtigsten Fakten über das Wesen der Schwerkraft zusammenzutragen und so aufzubereiten, daß es Spaß macht, die Texte zu lesen. Wenn Sie das für viele unter uns bisher irrwitzige Phänomen der gekrümmten Raum-Zeit von nun an besser verstehen, verdanken Sie das vor allem Bernd Müller, der beim 17seitigen Oktobertitel redaktionell Regie führte.
Neue Erkenntnisse durch die totale Sonnenfinsternis vom 11. August sind bisher rar. Manche hörten Hähne krähen, als es wieder hell wurde, anderen kamen Brieftauben abhanden, die sich durch die kurze Nacht am Tage verirrt haben sollen. Eine andere Erkenntnis bestätigte sich: Wir Deutschen verstehen es bei jeder Gelegenheit einfach meisterhaft, Ängste zu wecken und Mißtrauen zu schüren. Was wurde da nicht alles geschrieben und gesendet über die gefährliche Strahlung, die ausgerechnet von der geschwächten Sonne auf uns herabprasseln sollte. Manche waren so verunsichert, daß sie ihre Wohnung während der Verfinsterung um keinen Preis der Welt verlassen wollten. Glücklicherweise brennt aber auch in uns noch die Neugier. Und so strömten Millionen Menschen in den lediglich 100 Kilometer breiten Totalitätskorridor. Zwar gossen die Wolken all jenen, die sich nach Stuttgart, Ulm oder München aufgemacht hatten, Wermutstropfen in den prickelnden Wein, mit dem sie auf das Ereignis anstießen. Doch die Stimmung vermiesen ließ sich dadurch kaum einer, wie die Rückblende auf das – durch bild der wissenschaft initiierte – Stuttgarter Sonnenfestival (Seiten 16 bis 19) zeigt.
Für den Grand Old Man der Sonnenforschung, Rudolf Kippenhahn (unten), waren die Monate, Wochen, Stunden und Minuten bis zur Sonnenfinsternis eine Herausforderung der besonderen Art. Ganz Deutschland bereitete er in Dutzenden von ironiegespickten Vorträgen auf das seltene Naturschauspiel vor, war in allen wichtigen Sendern zu sehen und zu hören, stand als Interviewpartner vielen Zeitungen zur Verfügung. Und was noch mehr zählt für uns: Der ehemalige Direktor des Max-Planck-Instituts für Astrophysik erwarb sich als Beirat von bild der wissenschaft größte Verdienste. Dem unermüdlichen Engagement des 73jährigen Göttingers verdankt es die Stadt Stuttgart nicht zuletzt, daß sie in den Tagen des Spektakels anderen Städten die Schau stahl. Gäbe es mehr Kippenhähne auf dieser Welt – es wäre um die gesellschaftliche Akzeptanz der Wissenschaft besser bestellt.
Wolfgang Hess / Rudolf Kippenhahn