Der Anfall trifft viele Epileptiker wie ein Blitz: Plötzlich verlieren die Kranken das Bewußtsein, stürzen zu Boden, erleiden Krämpfe und Muskelzuckungen. Nach ein bis zwei Minuten ist alles vorbei.Wer unvorbereitet Zeuge eines Anfalles wird, reagiert häufig mit Angst und distanziert sich vom Kranken. Für Epileptiker ist deshalb neben der Krankheit selbst die soziale Integration ein großes Problem.
Die Symptome der Epilepsie werden von Nervenzellen verursacht, die sich unkontrolliert entladen. Wie ein Kabelbrand breiten sich die Signale der Nervenzellen von einer Zelle zur nächsten aus. Welche Beschwerden ein Patient hat, ist davon abhängig, welche Hirnregion von den unkontrollierten Entladungen betroffen ist. Die einzelnen Formen der Krankheit sind deshalb ebenso vielfältig wie die Funktionen des Gehirns. Epileptische Anfälle können auch ganz unauffällig verlaufen.
Medikamente helfen, die Symptome der Epilepsie zu lindern. Derzeit stehen den Ärzten etwa ein Dutzend zur Verfügung. Diese “Anti-Epileptika” bewahren etwa siebzig Prozent der Kranken vor Anfällen. Neue Wirkstoffe wie Vigabatrin, Lamotigrin, Tiagabin und Topiramat können auch Patienten helfen, die mit den klassischen Substanzen nicht ausreichend behandelbar sind. Jeder zehnte Patient verdankt diesen Pharmaka seine Freiheit von Anfällen.
Auch bei operativen Verfahren hat es eine stürmische Entwicklung gegeben. Während der Operation versuchen die Chirurgen, das Anfall-verursachende Areal im Gehirn des Patienten auszuschalten, erklärt Prof. Christian Elger, Leiter der Epilepsie-Klinik an der Universität Bonn.
Ob eine Operation möglich ist oder nicht, hängt im wesentlichen von zweierlei ab: Handelt es sich bei der Hirnregion, welche die Anfälle auslöst, um ein örtlich exakt eingrenzbares Areal? Kann sichergestellt werden, daß der Eingriff nicht zusätzliche neurologische oder psychische Schäden verursacht? Darum geht es bei der prächirurgischen Diagnostik. Mit Hilfe moderner bildgebender Verfahren, beispielsweise der Positronen-Emissions-Tomografie, können aktive und inaktive Hirnareale sichtbar gemacht werden. Das Anfall-auslösende Gebiet läßt sich damit sehr viel präziser als früher lokalisieren. Die Risiken einer Operation sind besser abschätzbar. Die präzise Diagnostik wird durch schonendere Operationsmethoden ergänzt. Diese Fortschritte ermöglichen heute Eingriffe in Hirnregionen wie Sprach- oder Sehzentrum, die früher als inoperabel galten.
Experten schätzen, daß bis zu 20 Prozent der Epilepsiekranken, die auf Medikamente nicht ansprechen, von einer Operation profitieren könnten. Das Risiko, durch den Eingriff bleibende Schäden davonzutragen, liegt bei etwa 2 Prozent. Die Chance, nach der Operation ohne Anfälle leben zu können oder zumindest deutlich weniger Anfälle zu haben, beträgt dagegen immerhin 70 bis 90 Prozent.
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Prof. Dr. Christian Elger KLINIK FÜR EPILEPTOLOGIE DEUNIVERSITÄT BONN Sigmund-Freud-Str. 25 53105 Bonn Tel. 0228/2875727 EPILEPSIEZENTRUM BETHEL Klinik Mara I Maraweg 21 3617 Bielefeld Tel. 0521/1444556 Aktuelle Informationsblätter kostenlos erhältlich beim INFORMATIONSZENTRUM EPILEPSIE (IZE) Herforder Straße 5-7 33602 Bielefeld medinfo Medien
Buch Hansjörg Schneble EPILEPSIE Erscheinungsformen, Ursachen, Behandlung; Beck’sche Reihe, München 1996, DM 14,80 Dieter Schmidt EPILEPSIEN Fragen und Antworten für Kranke und deren Angehörige Zuckschwerdt Verlag, Germering1996, DM 22,-
Nicola Siegmund-Schultze