Trotz leistungsfähiger Technologie landen immer noch viele Hörgeräte in den Schubladen der Nachttische. Laut Studien benutzen bis zu 50 Prozent der über 60-Jährigen ihre Hörgeräte gar nicht oder nur selten. Schuld daran sind auch überzogene Versprechungen der Hörgeräte-Hersteller: „Exakt hören auf den ersten Blick” heißt es in einem Hochglanzprospekt. Mit einer neuen Brille kann man sofort scharf sehen. Für Schwerhörige gilt dagegen: „Ohne Fleiß kein Preis.” Denn selbst mit dem besten neuen Gerät muss man das Hören häufig erst wieder neu lernen, um vollständig davon zu profitieren. An der Motivation dazu fehlt es vielen Betroffenen. Der Verlust des Gehörs ist ein schleichender Prozess und wird aus falschem Stolz zudem oft verheimlicht.
Auffällig wird das Problem erst, wenn jemand bei Unterhaltungen teilnahmslos wirkt und oft nicht weiß, worum es gerade geht. Bei Verdacht sollte man das Problem so früh wie möglich verständnisvoll und offen ansprechen und den Betroffenen zu einem Ohrenarzt-Besuch motivieren. Sonst droht ein verhängnisvoller Teufelskreis: „Ich verstehe ja doch nichts, das ist mir peinlich, und ich ziehe mich daher lieber zurück.” Neben dem Gang zum Arzt, dem Kauf und der Anpassung des Hörgeräts beim Hörgeräte-Akustiker ist auch der Kontakt zu anderen Menschen für das Wiedererlangen der Hörfähigkeit wichtig.
Ralf Butscher