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Helsinki verleiht Flügel

Allgemein

Helsinki verleiht Flügel
Nach dem EU-Gipfel: Estland, Lettland und Litauen im Aufwind

Die baltischen Staaten sind an die Startblöcke getreten. Ermutigt durch den EU-Gipfel von Helsinki im Dezember 1999, sehen sich Esten, Letten und Litauer nun beflügelt, neben den bisherigen EU-Beitritts-Aspiranten Rumänien, Slowakei, Bulgarien und Malta gleichauf ins Rennen zu gehen. Ausgerechnet eine Exilkanadierin kitzelt den Ehrgeiz der Balten. Die neue Präsidentin Lettlands, Vaira Vike-Freiberga – zu Kriegszeiten aus ihrer Heimat vertrieben und erst vor zehn Monaten nach Riga zurückgekehrt –, spornt die Letten zur Höchstleistung an: „Wir wollen möglichst rasch fit für die Europäische Union sein.” Premierminister Andris Skele und sein Außenminister Indulis Berzins stoßen ins gleiche Horn: „Wir wollen bis Ende 2002 alle Pakete verhandelt haben”, sagt der Premier. Skele ist stolz darauf, daß sein Land schon 65 Prozent des Außenhandels mit den EU-Staaten abwickelt, wobei Deutschland mit einem Anteil von 16 Prozent an der Spitze steht. Der Warenaustausch mit Rußland ist hingegen auf acht Prozent zusammengeschmolzen. „Wir haben unsere Hausaufgaben erledigt”, verkündet Berzins selbstbewußt mit Blick auf die notwendigen institutionellen Reformen. Nun komme es darauf an, durch gezielte Joint-Ventures mit dem Westen den Anschluß an die Schlüsseltechnologien des 21. Jahrhunderts zu finden. Mit der Aufnahme in den offiziellen Kandidatenstatus erhält der 2,5 Millionen Einwohner zählende Ostseestaat jährlich rund 25 Millionen Euro (knapp 50 Millionen Mark) Aufbauhilfe aus EU-Mitteln. Nicht minder motiviert sind Estlands und Litauens Führungen. So versichert Litauens Staatspräsident Valdas Adamkus gegenüber bild der wissenschaft: „Ich glaube nicht, daß unser Land anderen europäischen Staaten wirtschaftlich weit hinterherhinkt. Ich denke, wir sind auch bezüglich der Sicherheitsphilosophie auf dem Weg zu beweisen, daß wir in absehbarer Zeit an EU-Standards heranreichen können.” So hat sich Litauen auf Drängen der EU bereit erklärt, in den kommenden Jahren den veralteten Kernkraft-Reaktorblock von Wilnius abzuschalten. EURO-TALK Martin Laar, Premierminister von Estland, zu den EU- Aussichten seines Landes.

bdw: Mit welchen Erwartungen sehen Sie in die Zukunft?

Laar: Im Zusammenspiel mit der Europäischen Union haben wir gesehen, daß die Freihandelspolitik Estlands von europäischer Seite auf großes Interesse gestoßen ist. Wir haben keine Zollschranken gegenüber der EU errichtet und unsere Märkte für Westwaren geöffnet. Umgekehrt eröffnen sich künftig in einem gemeinsamen Wirtschaftsraum vielfältige Möglichkeiten für Estland.

bdw: Wie ist es um die Wettbewerbsfähigkeit Estlands bei den neuen Technologien bestellt?

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Laar: Ich denke, in der Informationstechnologie sind wir sogar in einer besseren Position als Deutschland. So verfügt jeder vierte Bürger in Estland über einen Internet-Anschluß, und jeder vierte hat ein Mobiltelefon. Wir vernetzen zunehmend Regierung und Verwaltungen bis auf die lokale Ebene, so daß für jeden Bürger die Möglichkeit besteht zu wissen, was die Regierung macht.

bdw: Wo suchen Sie besonders die Kooperation mit dem Westen?

Laar: Unser besonderes Interesse gilt Kooperationen bei der Bio- und Gentechnologie, die der Landwirtschaft Estlands zugute kommen sollen. EURO-TICKER Nur Fliegen ist schöner. „X-by-wire” lautet ein futuristisches Konzept, das europäisches Know-how vom Himmel auf die Erde bringen soll. Ein EU-Forschungsprogramm soll Erkenntnisse aus der Luftfahrt für die Automobile der Zukunft nutzbar machen. Dabei wird untersucht, inwieweit die bisher mechanischen und hydraulischen Verbindungen zwischen Lenkrad, Pedalen und Gangschaltung künftig durch ein Lichtleitfasernetz und elektronische Sensoren ersetzt werden können. Himmlischer Beistand. Die im September 1997 durch ein Erdbeben zerstörte und inzwischen wieder renovierte Basilika Franz von Assisis in Mittelitalien soll künftig mit einem Frühwarnsystem ausgestattet werden. Mit EU-Forschungsgeldern gefördert, haben Seismologen begonnen, Sensoren in der Außenhaut der Basilika zu installieren. Sie sollen kleinste seismische Erschütterungen registrieren.

Thomas A. Friedrich

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