Im Zentrum der These der erweiterten Kognition steht die Frage nach der Grenze zwischen dem menschlichen Geist und dem Rest der Welt. Für die Vertreter dieser These, die vor allem durch eine Publikation der Philosophen Andy Clark und David Chalmers im Jahr 1998 bekannt wurde, ist unsere Kognition nicht auf die physischen Grenzen unseres Kopfes beschränkt. Für einen Alzheimer-Kranken kann demnach beispielsweise ein Notizbuch, in dem er eine Adresse notiert hat, ein vollwertiger Ersatz für das Gedächtnis darstellen.
Über Körper, Elemente aus der nahen Umgebung und kognitive Hilfsmittel wie ein Notizbuch hinaus kann sich unsere Kognition der These zufolge auch auf unsere soziale Umgebung ausdehnen. Allerdings müssen externe Komponenten der Kognition bestimmte Voraussetzungen erfüllen: So muss eine externe Erweiterung exakt dasselbe leisten wie das biologische System, das diese Aufgabe normalerweise erfüllt. Darüber hinaus müssen externe Komponenten der Kognition sehr eng mit dem ursprünglichen kognitiven System verbunden sein, dem sie zugeschlagen werden. Robustheit, Verlässlichkeit und ein schneller Zugriff auf die externen Komponenten gelten als wichtige Kriterien der Kopplung.
Allerdings fehlt bisher eine einheitliche Definition dessen, was überhaupt unter „Kognition” zu verstehen ist. Deshalb hat die Diskussion über die These der erweiterten Kognition dazu geführt, dass Philosophen nun wieder verstärkt darüber diskutieren, was den menschlichen Geist eigentlich ausmacht. Abgesehen von der akademischen Diskussion hätte die These der erweiterten Kognition, würde sie allgemein akzeptiert, auch juristische Auswirkungen. Wenn man beispielsweise das Notizbuch eines Alzheimer-Patienten als Teil seiner Person betrachten würde, wäre dessen Entwendung weit mehr als nur Diebstahl.