An einer neuen Therapie gegen Allergien arbeiten zur Zeit taiwanische Mediziner und Molekularbiologen. Ihr Ziel: Allergikern soll in Zukunft zur Immunisierung nicht mehr das reizauslösende Protein geimpft werden, sondern die Gene, die für die Produktion des Proteins zuständig sind.
Das Forscherteam um den Immunologen Kue-Hsiung Hsieh hat Versuche an eigens gezüchteten Ratten unternommen, deren Immunsystem auf bestimmte Proteine – beispielsweise auf die der Hausstaubmilbe – mit einer Überreaktion antwortet. Die Ergebnisse sind vielversprechend: Durch die Injektion von DNA konnte die allergische Reaktion verhindert werden.
Eines der verwendeten Milbenproteine ist das sogenannte “der-p-5”. Spritzt man den Ratten dieses Protein, so reagieren sie mit der Überproduktion eines bestimmten Antikörpers, des Immunglobulins E (IgE). Dockt es an speziellen Mastzellen an, so wird eine Allergie-Kaskade ausgelöst, an deren Ende Symptome wie Hautrötungen, Schwellungen, Nies- und Juckreiz oder Asthmaanfälle stehen.
Das Gen, das die Produktion von der-p-5 steuert, wurde vor zwei Jahren isoliert. Hsieh und seine Mitarbeiter vermehrten es, indem sie es in einen ringförmigen DNA-Strang (Plasmid) von Bakterien einbauten. Zusätzliche Informationen auf dem Plasmid sorgten dafür, daß die Rattenzellen das Milben-Gen als Bauvorschrift für der-p-5 akzeptierten. Das Plasmid mit dem Gen des Milbenproteins wurde den Versuchsratten in den Oberschenkel gespritzt und dort von Muskelzellen aufgenommen, die der-p-5 bildeten.
Die Forscher schafften es auf diese Weise, das Immunsystem der Ratten umzukrempeln und gegen das allergieauslösende der-p-5 zu wappnen. Normalerweise wären dazu häufige Impfungen mit immer stärkeren Konzentrationen des Proteins nötig gewesen. Als die Ratten nach einem halben Jahr das Milbenprotein inhalierten, erlitt keines der behandelten Tiere einen allergischen Anfall. Auch die IgE-Konzentration blieb normal.
Die Forscher gingen noch einen Schritt weiter: Sie wollten wissen, ob sich die Allergieresistenz der behandelten Ratten durch Übertragung bestimmter Immunzellen, sogenannter T8-Helferzellen, auf unbehandelte Tiere “kopieren” läßt. Das Ergebnis war überraschend: Auch bei diesen Ratten ließ sich das Immunsystem vom Milben-Allergen nicht aus der Fassung bringen. Unter dem Einfluß der T8-Zellen bilden sich offensichtlich nur wenige IgE-Antikörper gegen der-p-5, so daß die Allergie-Kaskade nicht ausgelöst wird.
Bevor sich die DNA-Therapie am Menschen testen läßt, müssen noch einige Fragen beantworten werden: Bleibt das injizierte Plasmid wirklich als eigenständiger DNA-Ring in der Zelle erhalten, oder wird es in das Erbgut eingebaut? In diesem Fall könnte das Plasmid wichtige Kontrollgene zerstören und Tumorwachstum auslösen. Außerdem ist unklar, warum die Muskelzellen, die das Fremd-Protein produzieren, nicht vom eigenen Immunsystem attakkiert werden.
Ulrich Fricke